In Rißbach regnete es einst Rosen

Vor 100 Jahren, am Pfingstmontag 1907, wurde in Rißbach das Rosenfest gefeiert. Tausende Besucher erfreuten sich an den mit Blumen geschmückten Festwagen, die von Trarbach aus in Richtung Rißbach zogen. Zeitzeugen gibt es heute nicht mehr, aber der Traben-Trarbacher Heimatkundler Richard Ochs hat viel Wissenswertes zu diesem Fest aus verschiedenen Quellen zusammengetragen.

Traben-Trarbach. (GKB) Im Juni 1907 wurde das Fest als Erinnerung an einen lange zurückliegenden Brauch gefeiert. Auf einem Hügel in Rißbach stand einst eine kleine Kapelle, die bereits der Pfarrer und Magister Johann Hofmann in der "Trorbachischen Ehrensäul" von 1669 erwähnt. Dort wurde an hohen Festtagen gepredigt, und irgendwann führten jugendliche Gottesdienstbesucher den Brauch ein, sich mit Rosen oder mit Kletten zu bewerfen, je nachdem, ob sie sich zugetan waren oder sich weniger mochten.Als wohl älteste Schilderung des Rosenfestes führt Richard Ochs die 1818 erschienenen Aufzeichnungen des aus Trarbach gebürtigen Professors Dr. Adam Storck aus. Er beschreibt Rißbach als anmutiges Dörfchen mit Weinreben, Obst- und Walnussbäumen, in dem es Bänke zum Rasten und von Sandstein eingefasste "trefflichste Quellen" gab. Inmitten dieses Idylls stand das kleine Kirchlein. Am zweiten Pfingsttag wurde dort der Gottesdienst gehalten, und die Menschen wanderten in Festtagslaune nach Rißbach. Sie hatten sich mit Blumensträußen geschmückt und die "Knaben pflückten sich die Taschen voll harten Blüthenknospen oder auch Kletten; in der Kapelle wurde damit nach Freunden und Bekannten, besonders des weiblichen Geschlechts, geworfen. Gegen den uralten Brauch eiferte kein Prediger

Nach beendetem Gottesdienst war der Boden der Kapelle oft so mit den geworfenen Knospen bedeckt, dass man den Stein nicht mehr erkennen konnte. Das war uralter Gebrauch, kein Prediger ließ sich einfallen, dagegen zu eifern", beschreibt Storck den lange zurückliegenden Brauch, denn 1818 existierte die kleine Kapelle schon nicht mehr.Auf Initiative des Amtsgerichtsrats Gescher wurde diese alte Tradition vor 100 Jahren wieder belebt und zu einem großen Fest mit rund 7000 Besuchern. Der Trabener Ortschronist Ernst Bauer beschrieb das Ereignis: Reiter- und Radfahrer, Musikverein, Winzer und Winzerinnen in bunten Trachten und Festgewändern, alle Vereine, Landsknechte, mit Rosen-Girlanden geschmückte Heuwagen und alle Arten von Gespannen waren an dem Umzug beteiligt. "Rinder, Kühe, Pferde, Ochsen, Hunde, sogar ein Eselsgespann konnte man sehen", schreibt Bauer. Den Abschluss bildeten "das modernste Fortbewegungsmittel: Zwei rosengeschmückte Automobile aus Berncastel und Mülheim. Jeder Teilnehmer wollte sich und seinen Wagen am schönsten mit Rosen und Blumen geschmückt haben". Einen solchen Zug habe es bislang noch nicht in der Stadt gegeben, stellt der Ortschronist fest und berichtet weiter, dass auch die Nachbarorte "in bewährter Anhänglichkeit an diesem Fest teilgenommen" haben. In Rißbach hatte der Bildhauermeister Bernhard Wendhut mit seinen Helfern einen wirklichkeitsgetreuen Nachbau der Kapelle aus Holz und Pappmaché angefertigt, so dass die Kulisse für das Fest perfekt war."Es ist bedauerlich, dass keine der heutigen Institutionen, sei es einer der in der Pflege des Brauchtums, der Kultur- oder Heimatgeschichte tätigen Vereine, oder eine der Kirchen oder gar die Stadtverwaltung selbst sich der Erinnerung des damaligen Großereignisses widmet", stellt Ochs heute fest.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort