In aller Freundschaft

NIEDERSCHEIDWEILER. Eine Ölspur besiegelte Peter Müllers Schicksal. Seitdem muss er mit der Diagnose Querschnittslähmung leben. Dass ihm die Menschen aus seinem Heimatort so viel Hilfe anbieten, grenzt für ihn an einen Traum.

Peter Müller feierte gerade seinen 26. Geburtstag. Ein Grund zur Freude, sollte man meinen. Doch diese Freude ist alles andere als ungetrübt. Im Sommer rutschte der passionierte Motorradfahrer auf einer Ölspur aus. Obwohl er schwerste Verletzungen erlitt, nahm es der junge Mann gleich am Unfallort wahr: Er hatte keinerlei Gefühl mehr in den Beinen. Sein Leidensweg führte von Homburg über Koblenz zurück ins elterliche Haus nach Niederscheidweiler. Die Diagnose: Querschnittslähmung."Einmal Schelm, immer Schelm", sagt er dennoch. Ja, körperlich ist alles anders, das sei wohl wahr. Schmerzen habe er, Medikamente nehme er, und besonders der Kreislauf mache immer wieder Schwierigkeiten. Wen wundert's: Zahlreiche Wirbel-, Hüft- und andere Brüche, eine kaputte Niere und unterschiedlichste innere Verletzungen - da braucht auch jeder Organismus seine Zeit, um wieder ins Lot zu kommen. Nägel im ganzen Körper sorgen dafür, dass alles wieder zusammenwächst. "Immerhin ist der Kopf ja in Ordnung geblieben." Hinter ihm steht Freundin Anne, auf die er damals wie heute zählen kann. "Ich war vor dem Unfall in ihn verliebt, ich bin es auch danach noch."Zu seiner Geburtstagsfeier sind über 40 Freunde und Kollegen zusammen gekommen. Treffpunkt ist das Bürgerhaus, wo in einigen Wochen ein ganz besonderes Konzert stattfinden wird. Ohne Gage werden die "Dirty Sheeps" und "Fatstock" auftreten, um Geld für ihren Freund und Bekannten einzuspielen. Denn Geld braucht er. "Wir haben bisher keinen Cent aus der Pflegeversicherung gesehen, und wie es aussieht, bleibt es auch dabei", berichtet Mutter Cornelia, die unbezahlten Urlaub nahm, um ihrem Sohn durch die schlimmsten Wochen zu helfen. An ihrem Arbeitsplatz, dem Wittlicher Krankenhaus, zeigte man vollstes Verständnis.Berufliche Zukunft steht in den Sternen

Fast unglaublich ist das Entgegenkommen, das Familie Müller in allen Bereichen begegnet. Die jungen Leute des gesamten Ortes halfen beim Fahrdienst, beim Umbau von Peters Zimmer, beim Schaffen eines Durchbruchs von der ebenerdig zu betretenden Garage her. Sie besuchten ihn, so oft es in den Zeitplan passte. Jeder Einzelne stellte seine Fähigkeiten in den Dienst des jungen Mannes, der schließlich auch seinen Beruf zu den Akten legen muss. Dachdecker wird er nie mehr sein. Peters berufliche Zukunft steht in den Sternen. Es ist noch nicht die Zeit, sich darüber den Kopf zu zerbrechen. "Mindestens zwei Operationen stehen im Sommer noch an. Das bedeutet wiederum, einige Wochen Auszeit im Bett." Aber er trainiert, macht Krankengymnastik, erhält eine Elektrotherapie. Auch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben, vielleicht doch einmal in den Genuss von High-Tech-Chips zu kommen, die Impulse an Muskeln und Sehnen senden - selbst seine Ärzte verweigern jegliche Prognose, wohin und wie schnell die Forschung noch gehen kann. Zur Zeit steht ihm ein Riesenpulk von Freunden und Helfern zur Seite. Vater Lothar: "Die Menschen im Ort überschütten uns derart mit Hilfsangeboten, dass wir gar nicht alle wahrnehmen können." So ganz von ungefähr kommt die Welle an Hilfsbereitschaft nicht.Als Peter etwa zwölf Jahre alt war, stellten seine Eltern allen Niederscheidweilerern ein Nebengebäude auf dem eigenen Grund und Boden zur Verfügung.Das Auto muss noch umgebaut werden

Daraus wurde ein zweites Zuhause für die Mädchen und Jungs, die schließlich rege auch die Müllersche Toilette nutzten. Krach gab es selten. Das Häuschen bekam auch einen Namen: die Bude.Bis heute identifizieren sich die inzwischen jungen Erwachsenen mit ihrem alten Jugendraum und nennen sich selbst "die Budisten". Ein kleines bisschen von dem zurückgeben, was sie einst ebenso bedingungslos geschenkt bekamen - das ist es, was sie wollen. Und sie packen es an: schnell, unbürokratisch, in aller Freundschaft. Soeben haben sie auch ein Spendenkonto eingerichtet, wobei die örtliche Vereinsgemeinschaft und die Bürgermeisterin ihnen behilflich sind. "Weiter nichts", betont Inge Sliwka. "Alle Initiative und alle Ideen gehen von den Jugendlichen aus." Das Bürgerhaus gibt's am 27. Februar kostenlos, und einen gemeinnützigen Verein, der garantiert, dass Peter über das Geld vom Spendenkonto ohne Abzüge verfügen kann, gründet sie in den nächsten Tagen. Auch in diesem Fall ein großes Entgegenkommen, berichtet Sliwka: "Die Dame vom Finanzamt gab mir jede notwendige Auskunft." Was es noch zu tun gibt? Zum Beispiel muss das Auto noch behindertengerecht umgebaut werden. Wer Peter Müller helfen möchte, kann spenden auf das Konto80 12 401, bei der Raiffeisenbank, BLZ 587 609 54. Stichwort: "Rollimaster".

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