In der Barockvilla bröckelt der Putz: Sanierungsstau im Mittelmoselmuseum in Traben-Trarbach

Traben-Trarbach · Manche Wände haben Risse, unter dem Dach pfeift der Wind durch offenes Gebälk: Das Mittelmoselmuseum in Traben-Trarbach ist renovierungsbedürftig. Nun soll ein Konzept erstellt werden, wie Stadtbürgermeister Patrice Langer erklärt.

 Christof Krieger präsentiert das historische Studierzimmer des Hauses. TV-Fotos (6): Hans-Peter Linz

Christof Krieger präsentiert das historische Studierzimmer des Hauses. TV-Fotos (6): Hans-Peter Linz

Foto: (m_mo )

"Das wird unsere nächste große Baustelle - und wir hoffen auf Zuschüsse", sagt Traben-Trarbachs Bürgermeister Patrice Langer. Das Mittelmoselmuseum der Jugendstilstadt ist stark renovierungsbedürftig: Im Erdgeschoss wölben sich kostbare Delfter Kacheln aus der Wand. Von den Decken fällt der Putz herab, in manchen Räumen sind Wandrisse, und das Dach hat offene Stellen und ist nicht isoliert.

"Wir müssen einen Startschuss geben. Ab Anfang Dezember soll ein Museumskonzept erarbeitet werden. Erst dann können wir ermitteln, wie viel das alles kosten wird", sagt Langer. Eins steht aber schon fest: "Das wird nicht billig. Aber wenn wir jetzt nicht rangehen, dann ist das Haus verloren", mahnt der Bürgermeister.

Das Haus dient derzeit als Heimatmuseum der Stadt, hat aber noch weitere Funktionen, wie Museumsleiter Dr. Christof Krieger erklärt.

"Das Haus ist in seiner Qualität als Bürgerhaus in Rheinland-Pfalz einmalig", versichert der Historiker, der sich mit der Geschichte des Hauses intensiv beschäftigt hat. "Stuck und Türen sind alle noch im Originalzustand, Teile des Mobiliars gehören zur Original-Ausstattung des Hauses, anderes wurde passend dazugekauft." Damit sei das Haus, das 1750 gebaut wurde, weitaus mehr als ein Heimatmuseum: "Hier zeigt sich die großbürgerliche Wohnkultur dieser Zeit - und das weitestgehend im Originalzustand," erzählt Krieger.

Schließlich habe eine sehr wohlhabende Traben-Trarbacher Familie das Haus bauen lassen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts diente es der Familie Böcking als repräsentatives Domizil. Johann Adolf Böcking hatte es nach Plänen des Oberbaurates Christian Ludwig Hauth im Stil des Trierer Barock errichten lassen.

Die Böckings knüpften durch eine geschickte Heiratspolitik vielfältige Bindungen. Zu ihrem Verwandtenkreis zählten die Kaufmannsfamilien von Scheibler (Monschau), Hölterhoff (Bad Honnef), und die Industriellen-Dynastie Krupp und Stumm (Saarland). Auch die bekannte Fliesenfabrik Villeroy und Boch im Saarland stamme, so Krieger, zu einem nicht geringen Teil aus einer Mitgift einer Enkelin des Hauserbauers. Selbst Johann Wolfgang von Goethe hatte dort einmal Station gemacht.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Haus an Familien vermietet und gelangte schließlich in den 1950er Jahren in den Besitz der Stadt Traben-Trarbach, die dort ihr Heimatmuseum einrichtete, um auch die umfangreiche Büchersammlung des Heimatforschers Ernst Willen Spies (1898-1975) zu beherbergen.

Seit 2008 leitet Krieger das Museum. Leider gebe es keine Etatmittel, die über den Erhalt des Museums hinausgehen. "Wir haben schließlich auch einen Förderverein für das Museum gegründet, der in 15 Jahren etwa 100 000 Euro in das Museum gesteckt hat", sagt Krieger. Aber das Geld reiche nicht aus, zumal das Museum beim großen Moselhochwasser 1993 bis zum Erdgeschoss unter Wasser stand.

Neben der Renovierung des Hauses müsse auch die Ausstellung neu konzipiert werden. Denn es gibt drei Schwerpunkte: die Heimatgeschichte, die Patrizierfamilie Böcking und die Sammlung von Ernst Spies.
"Aus meiner Sicht müsste man das Thema Bürgervilla stärker herausstellen", sagt Krieger. Dementsprechend sind einige Räume im ersten Geschoss schon hergerichtet worden.

Kriegers ganzer Stolz ist das Studierzimmer, das die Welt des Bildungsbürgertums im Barock präsentiert. Sogar alle Pendeluhren in den Gängen und Zimmern ticken. "Da legen wir Wert drauf", sagt Krieger. Die Sammlung von Ernst Spies ist bislang noch nicht ausreichend aufgearbeitet.

Der Bereich des Heimatmuseums ist im Obergeschoss untergebracht. Dort sind alte Sägeblätter, Schumacherwerkzeuge, Vereinsfahnen und weitere historische Gegenstände ausgestellt. Das müsse auch komplett neu arrangiert und präsentiert werden, ist sich Krieger sicher. Fest stehe, dass das eigentliche Alleinstellungsmerkmal des Hauses seine eigene Geschichte, die Geschichte der Familie Böcking, ist.

Was die Renovierungskosten betrifft, halten sich sowohl Stadtbürgermeister Langer als auch Museumsleiter Krieger zurück. Renovierung und Neukonzeption der Ausstellung dürften aber in die Millionen gehen.Extra

 Das Mittelmoselmuseum ist stark renovierungsbedürftig.

Das Mittelmoselmuseum ist stark renovierungsbedürftig.

Foto: (m_mo )
 An dieser Stelle fehlt ein Stück des Dachbalkens.

An dieser Stelle fehlt ein Stück des Dachbalkens.

Foto: (m_mo )
 Jede Delfter Kachel ist ein Unikat und müsste neu fixiert werden.

Jede Delfter Kachel ist ein Unikat und müsste neu fixiert werden.

Foto: (m_mo )
 Von den Decken bröckelt der Putz herunter.

Von den Decken bröckelt der Putz herunter.

Foto: (m_mo )
 Auch an den Wänden zeigen sich Risse.

Auch an den Wänden zeigen sich Risse.

Foto: (m_mo )

Das Mittelmoselmuseum in Traben-Trarbach verfügt über eine Fülle eigenständiger Sammlungen, darunter Eisengussplatten, Textilien, Waffen, Rüstungen, historische Landkarten, Stiche, Lithographien und Ölgemälde. Die Bibliothek umfasst ungefähr 3000 Bände, 2000 historische Fotoplatten und 20 Aktenmeter Archivgut aus dem 17. bis 20. Jahrhunderts. Außerdem bewahrt das Museum Zeugnisse der Regionalgeschichte auf, darunter archäologische Fundstücke der Steinzeit, römische Grabungsfunde bis hin zu mittelalterlichen Relikten der ehemaligen Starken- und Grevenburg. hpl

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