In der Synagoge ist wieder Leben

ZELL. Ruth Yortner war das jüngste Mitglied der jüdischen Gemeinde in Zell. Als sie zweieinhalb Jahre alt war, wanderte ihre Familie nach Palästina aus. Ein Jahr vor dem Holocaust. Am Wochenende kam Ruth Yortner zurück an die Mosel: um bei der Eröffnung der jüdischen Synagoge in ihrem Geburtsort dabei zu sein. Ein bewegender Moment - nicht für die 66-Jährige.

 Herbert Kahn aus Chicago (rechts) zeigt Ruth Yortner aus Tel Aviv und Franz Piacenza den Beutel mit dem Tallit seines Vaters Hans.Foto: Jens Weber

Herbert Kahn aus Chicago (rechts) zeigt Ruth Yortner aus Tel Aviv und Franz Piacenza den Beutel mit dem Tallit seines Vaters Hans.Foto: Jens Weber

65 Jahre ist es her, dass die Zeller Juden ihren letzten Gottesdienst in der kleinen Synagoge im Schloss feierten. Seitdem war die Synagoge Lager, Abstellraum, Rumpelkammer. Dieses erbärmliche Schattendasein hat endlich ein Ende. Dank des Freundeskreises mit Franz Piacenza an der Spitze ist die Synagoge am Samstag wieder eröffnet worden. "Sie ist jetzt Denkmal für die ehemalige jüdische Bevölkerung, die Generationen lang an der Mosel lebte." Mit diesem Satz sprach Dr. Ruth Yortner (66) vielen aus dem Herzen. Immerhin zählte die jüdische Gemeinde in den 20er Jahren 80 Mitglieder!34 Mitglieder der israelitischen Gemeinde wurden während der Nazi-Herrschaft ermordet. In der Nacht vom 9. auf den 10. November drang die SA in die Zeller Synagoge ein und zerstörte mit brutaler Gewalt alle Kultgegenstände. Dass das Gotteshaus, das die jüdischen Familien seit 1849 als Synagoge nutzten, nicht angezündet wurde, hat einen simplen Grund: Das angrenzende Schloss wäre ebenfalls in Flammen aufgegangen.Franz Piacenzas Großvater mietete nach dem Krieg den Raum - angeblich als Lagerstätte, tatsächlich jedoch, um ihn zu schützen. Mit Kreide schrieb er an die hölzerne Tür das Wort "koscher". Franz Piacenza sagt heute: "Er wollte, dass nie mehr ein Schwein seinen Fuß in diesen Raum setzt." Jetzt ist dieses geschriebene Mahnmal mit einer Plexiglastafel geschützt.Die Wiedereröffnung der Synagoge war Anlass, vielen Menschen zu danken: Dr. Wegner vom Landesamt für Denkmalpflege, das die Restaurierung mit 60 000 Euro finanziert hat; den Räten von Kreis, Verbandsgemeinde und Stadt, die einstimmig Zuschüsse verabschiedet hatten; Karin Schneider und Bernd Enning von "Schloss Zell", ohne deren Wohlwollen keine Restaurierung und Nutzung der Synagoge möglich gewesen wäre. Piacenzas Dank galt zu guter Letzt auch dem Zeller Architekt Franz Niespor, der alle Arbeiten rund um das Denkmal unentgeltlich ausgeführt hat.Unterstützung gab es im übrigen auch von der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur, die 6000 Euro für die Inneneinrichtung zur Verfügung stellte, und von der Johann-Wolfgang-Langguth-Stiftung Traben-Trarbach.Eigens aus Chicago angereist war Herbert Kahn, Sohn einer alten jüdischen Zeller Familie. Zum Zeichen der Verbundenheit brachte er ein ganz besonderes Geschenk mit: den Tallit seines Vaters, einen Gebetsmantel von 1920. "Das ist eine enorme Geste", staunte der Vorsteher der jüdischen Kultusgemeinde Trier, Voremberg.Eine liebenswerte Geste war es auch, dass Josef Bauer in der Jakobstraße geflaggt hatte. Das taten die Zeller Anwohner früher immer als Zeichen der Sympathie, wenn die Juden ein Fest feierten.

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