Italienische Orgelreise

Den diesjährigen Internationalen Orgelsommer in Himmerod eröffnete der Freiburger Organist Helmut Deutsch.

Himmerod. (red) Die Grenzen des vertrauten Terrains zu überschreiten und nach Neuem zu suchen, ist in den letzten Jahren zu einem Markenzeichen des Internationalen Orgelsommers der Eifel-Abtei Himmerod geworden. Und so hatte Helmut Deutsch aus Freiburg für das Eröffnungskonzert der diesjährigen Reihe ein Programm mitgebracht, das weit über das Gängige hinaus ging.Georg Muffat, von dem zu Beginn die "Toccata septima" aus dem 1690 entstandenen Zyklus "Apparatus musico-organisticus" erklang, steht mit seiner Musik in der Nachfolge des Italieners Frescobaldi. Und auch Johann Sebastian Bach greift in Toccata, Adagio und Fuge C-Dur BVW 564 auf italienische Vorbilder zurück. So ist es ihm hier gelungen, die Formenwelt des dreisätzigen italienischen Concertos adäquat in eine genuine Orgelkomposition zu übertragen. Folgerichtig führte der weitere Weg des Konzertes mit Werken von Franz Liszt dann auch nach Italien, zunächst nach Assisi, wo der heilige Franziskus der Legende nach den Vögeln eine Predigt hielt ("St. François d'Assise: La prédication aux oiseaux"). Ist dieses Werk bereits vor mehr als 100 Jahren von Camille Saint-Saëns für Orgel bearbeitet worden, so bot Helmut Deutsch zum Abschluss mit "Il penseroso" (Der Sinnende) und "Après une lecture de Dante" zwei Stücke aus Liszts "Années de pélerinage: Italie" in eigenen Bearbeitungen dar. Deutsch ist ein höchst gewissenhafter Sachwalter der jeweiligen musikalischen Partitur. Unter Einbeziehung der außergewöhnlichen Akustik der Abteikirche gelang es ihm, mit graziler Leichtigkeit und höchster Akkuratesse bei Muffat und Bach, ganz besonders aber in Liszts "Vogelpredigt" ein höchst differenziertes Kaleidoskop lichter Klangfarben und Stimmungen zu entfalten. Das Spektrum reichte von singenden Principalen bei Muffat über ein markiges, aber dennoch schlank-konturiertes Plenum bei Bach hin zu den changierend-leuchtenden Flöten bei Liszt.Zum Abschluss dann die "Après une lecture de Dante", das wohl bedeutendste Stück aus Liszts "Wanderjahren". Nicht untypisch für Liszt, trägt dieses Werk nach Art seiner symphonischen Dichtungen ausgesprochen orchestrale Züge, die mitunter weit über die eigentlichen (Klang-)Möglichkeiten des Klaviers hinausgehen. Zudem fordert es vom Interpreten neben technischer Virtuosität auch die Fähigkeit, die poetisch-visionäre Bildsprache Dantes in immer neue Instrumentalfarben umzusetzen. Genau dies ist es auch, was diese Schilderung des Inferno und die Qual der Verdammten für eine Orgeladaption so trefflich auszeichnet. Der langanhaltende, brausende Applaus war hörbares Zeichen eines beeindruckten Publikums. Im nächsten Konzert des Himmeroder Orgelsommers ist am 29. Juni, 15 Uhr, Pavel Kohout aus Prag zu Gast. Neben Bachs selten zu hörender Toccata in E und der fulminanten Sonate Nr. 1 von Alexandre Guilmant bietet sein Programm als Besonderheit eine Konzertfantasie des tschechischen Organisten Josef Klika (1855 - 1937) über Themen aus Bedich Smetanas symphonischer Dichtung "Mein Vaterland".

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