Jedem seinen eigenen Mini-Weinberg

NEUMAGEN-DHRON. Bei der Eigenvermarktung seiner Weine setzt das Weingut Schneider-Kranz in Neumagen-Dhron auf die Idee des "Weinstock-Leasing".

Im ältesten Weinort Deutschlands, Neumagen-Dhron, reifen beste Reben auf schieferhaltigen Böden und werden unter fachkundigen Händen von qualifizierten Winzern zu edelsten Tropfen ausgebaut. Mehr und mehr gewinnt der Begriff der Eigen-Vermarktung für viele Weingüter an Bedeutung. Marketing und Vertrieb hinken aber der hervorragenden Qualität heimischer Weine teilweise deutlich hinterher. Deshalb bedarf der "Patient" dringend neuer Konzepte und blitzender Ideen. "Weinstock-Leasing" ist eine solche Idee, die das Weingut Schneider-Kranz aus Neumagen-Dhron in die Tat umsetzte. Belgische Familie schenkt jedem Enkel einen Vertrag

Fast zehn Jahre ist es her, dass Winzermeister Christoph Schneider als erster Winzer an der Mosel einzelne Weinstöcke seiner moseltypischen Steillagen an Kunden vermietete. Die originelle Idee kam dem Winzer während des Gesprächs mit einem Kunden aus Hamburg. Unmittelbar danach, 1996, brachte er die ersten Namensschilder von begeisterten Weinliebhabern auf den ausgesuchten Weinstöcken an (der TV berichtete). Nun überreichte der Winzer die 300. Leasing-Urkunde an eine neue Rebstockbesitzerin. Anne-Katrin Haß, die neue "Weinbergbesitzerin", kommt aus München. Ihr Schuhwerk war zwar nicht gerade besonders geeignet zum Begehen des Weinbergs, dennoch wollte es sich die Münchnerin "nicht nehmen lassen, beim Anbringen meines Namensschildes anzupacken". Auf 2000 ist die Zahl der so geleasten Weinstöcke der bekannte Dhroner Weinlage Hofberg seit 1996 gewachsen. Bei einem Einzelpreis von rund 24 Euro pro Jahr kommt da eine hübsche Summe zusammen. "Von dem Leasingvorgang bleibt am Ende nicht viel übrig", beschwichtigt Schneider jedoch. Die Urkunden, der Schriftverkehr, die Namensschilder - und der Weinertrag letztlich, da bleibe wirklich nichts. Vielmehr seien das Folgegeschäft und nicht zuletzt der persönliche Kontakt zu seinen Kunden aus ganz Deutschland ein unschätzbarer Faktor dieser neuen Entwicklung, erläutert der clevere Winzer aus dem alten Römerort. Auf etwa zwei Flaschen pro Weinstock kann sich der Besitzer desselben jährlich freuen. Hinzu kommt: Die Flaschen werden mit dem eigenen Etikett des Leasingnehmers versehen. Nicht wenige der "Kollegen" besuchen das Weingut ein- oder mehrmals im Jahr, holen den eigenen Wein ab und ordern den Bedarf für das ganze Jahr. Dabei schauen sie natürlich bei ihrem Rebstock vorbei und nutzen die Gelegenheit, sich als Besitzer einer oder mehrerer Weinstöcke fotografieren zu lassen. "In Belgien", erzählt Christoph Schneider, "gibt es sogar einen Familienclan, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, jedem der Enkelkinder zur Geburt einen Leasingvertrag zu schenken." Vielfach sind es auch Unternehmen, die solche Verträge an ihre Mitarbeiter oder ihre Kunden verschenken - als Weihnachtspräsent zum Beispiel oder anlässlich von Geburts- oder anderer Jubiläen Das Weingut bietet natürlich auch Rabatte für jene, die schneller Kleinst-Weinbergsbesitzer werden wollen und gleich drei oder mehr Stöcke leasen. Die bunte Palette der Autokennzeichen auf dem Hof des Gutes dokumentiert eindrucksvoll, dass sich diese Variante des Geschäftemachens oder auch des Schenkens immer größerer Beliebtheit erfreut.

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