Jedes Opfer eins zu viel

WITTLICH. (peg) Beim Thema Kinder und Verkehr können Eltern viel falsch machen. Zum Verkehrssicherheitstag der Akademie Bruderhilfe gab es viele Informationen.

Kinder und Verkehr bieten immer wieder brisanten Zündstoff. Da sind einerseits Fahrer am Steuer, die aus einem individuellen Stressgefühl sämtliche Geschwindigkeitsbegrenzungen ignorieren. Da sind andererseits Kinder, die weder körperlich noch geistig dazu in der Lage sind, alle Aspekte der jeweiligen Verkehrssituation aufzunehmen und richtig einzuordnen. Und drittens gibt es besorgte Eltern, die ihren Nachwuchs auf Schritt und Tritt begleiten oder gar mit dem Auto bis vor alle Haustüren fahren. Letzteres sei das Schlimmste, was sie ihren Kindern antun können, darin waren sich Bürgermeister Ralf Bußmer und Wolfgang Winkler einig. Der eine ausgebildeter Polizist, der andere von der Akademie Bruderhilfe Familienfürsorge, einem Versicherer kirchlicher Einrichtungen. Ständiges Behüten führe dazu, dass ein Kind nicht in die komplexen Zusammenhänge des Straßenverkehrs hineinwachse: Das Gegenteil von dem, was überbesorgte Eltern erreichen wollen, ist damit eingeleitet. Überhaupt machen die lieben Erwachsenen so manches falsch. Obwohl das Verletzungsrisiko damit um das Siebenfache steigt, schnallen viele Eltern und Großeltern ihre Kinder oft nicht an. "Wir fahren doch nur ein paar Meter" ist das häufigste Argument. Zweiter beliebter Fehler: Zu hohe Geschwindigkeit gerade im eigenen Wohngebiet, wo man sich vermeintlich gut auskennt. Fehler Nummer drei: Die bis zum Alter von zwölf Jahren beziehungsweise einer Körpergröße von unter 1,50 Meter vorgeschriebene Sitzerhöhung wird unterschlagen. Damit würde der Sicherheitsgurt im Ernstfall das Kind strangulieren. Trotz aller Nachlässigkeiten verzeichnen die Statistiken einen Positivtrend: "In keinem Jahr wurden so wenige Kinder auf Deutschlands Straßen getötet wie in 2003." Konkret: 40 209 Kinder unter 15 Jahren wurden verletzt, 208 getötet, und das bei jährlich immens steigendem Verkehrsaufkommen. Bußmer und Winkler bezeichneten dennoch jedes Opfer als inakzeptabel.Simulation: Puppe fliegt im hohen Bogen aufs Pflaster

Aufklärung tut also Not, und so tingelt die Bruderhilfe schon monatelang durch die Städte des Landes. Gezielt gehen die Mitarbeiter in Schulen und Kindergärten und erklären den Kindern, warum Anschnallen, Sitzerhöhungen und das ordnungsgemäße Überqueren der Straße wichtig sind. Immer dabei: Zwei transportable "Rutschbahnen", die den Aufprall eines Autos bei niedriger Geschwindigkeit simulieren. Auf Simulator 1 steht ein Püppchen in der Größe eines Kleinkindes, zwar auf dem Kindersitz, aber eben stehend. Was geschieht, wenn der Aufprall kommt, erschreckt die Kinder aus Schulen und Kindergärten, die an diesem Morgen am Platz an der Lieser vorbeikommen: In hohem Bogen fliegt es kopfüber auf das Pflaster. Spannend für die Erwachsenen wird es in Simulator 2, in dem auch Ralf Bußmer und Rita Kohl, Leiterin der Kindertagesstätte St. Markus, Platz nehmen durften. Selbst bei der extrem geringen Geschwindigkeit von zehn Stundenkilometern und einem Aufprall auf ein stehendes Ziel ruckt es beachtlich im Gebälk des menschlichen Skelettes.

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