Kehren für das Stadtbild: Bernkastel-Kueser Bürgermeister verteilt Reisigbesen

Bernkastel-Kues · Zigarettenkippen und Kaugummis in den Ritzen des Kopfsteinpflasters in der Bernkasteler Altstadt: Da ist die Reinigung kein Vergnügen. Es fehlt aber manchmal auch am Bewusstsein, vor der eigenen Haustür zu kehren. Eine öffentlichkeitswirksame Aktion soll helfen.

Kehren für das Stadtbild: Bernkastel-Kueser Bürgermeister verteilt Reisigbesen
Foto: klaus kimmling (m_mo )

Jeder kehre vor seiner eigenen Tür: Wie hat Johann Wolfgang von Goethe das gemeint? Wahrscheinlich so: Bevor jemand andere Leute kritisiert, soll er sich erst einmal selbst hinterfragen. Der Spruch kann aber auch wortwörtlich aufgefasst werden. In Bernkastel-Kues verschenkt Stadtbürgermeister Wolfgang Port morgen, Donnerstag, auf dem Marktplatz 100 Reisigbesen.

Die Adressaten, Bürger, Einzelhändler und Gastronomen, sollen damit vor der eigenen Haus- oder Ladentür kehren. Es könnte ein lustiges Foto geben, wenn die Empfänger gegen 11.15 Uhr rund um den Michaelsbrunnen kehren. Der Hintergrund ist aber nicht zum Schmunzeln. Um die Sauberkeit in der Stadt steht es offenbar nicht zum Besten. Das kann für einen vom Tourismus lebenden Ort schmerzhaft werden. "Die Sauberkeit in der Stadt wird von vielen Urlaubern kritisiert", sagt Marc Spaniol, Sprecher der CDU im Stadtrat. Auch für die Einheimischen ist das immer wieder ein Thema. Er werde immer wieder darauf angesprochen, sagt Stadtbürgermeister Wolfgang Port. Vor einigen Wochen hatten auch Mitglieder der Entwicklungsagentur ihren Unmut geäußert. Ziel sei es aber nicht, Buhmänner zu suchen, sondern mit Appellen ins Bewusstsein der Bürger zu kommen, sagt Port. Und das solle öffentlich erfolgen, selbst wenn manche Zeitgenossen das nicht wollen.

Es gehe auch nicht nur um die historische Altstadt, sondern unter anderem auch um Weinbergs- und Wanderwege. Das Zentrum mit seinen unzähligen Besuchern sei aber das Aushängeschild. Das Problem vor Ort: Vor allem Zigarettenkippen verkeilen sich in den Ritzen des Kopfsteinpflasters und sind nur schwer zu entfernen. Eine Kehrmaschine gibt es nicht. Mitarbeiter des Bauhofs sind aber regelmäßig im Kehreinsatz. Das alleine reiche aber offenbar nicht, sagt das Stadtoberhaupt. Vor einigen Jahren seien 30 zusätzliche Mülleimer mit Ascher zum Stückpreis von 700 Euro angeschafft worden. Port: "Messbar besser ist es dadurch nicht geworden." Es gebe natürlich eine Reinigungspflicht für die Bürger. Viele kämen ihr auch nach, aber viele eben auch nicht. Die Besenaktion soll die Sinne wieder schärfen.

Auch die Ordnungsbehörde müsse mehr in die Pflicht genommen werden, fordert Marc Spaniol. Damit einhergehen könnten Bußgelder für weggeworfene Kippen und ausgespuckte Kaugummis. Es solle auch über Kauf oder Miete einer Kehrmaschine nachgedacht werden, sagt SPD-Sprecherin Brigitte Walser-Lieser. Halten sich alle an ihre Pflichten, gebe es kein Problem, sagt Robert Wies (FDP). Seine Meinung zu Bußgeldern: Wer soll die kassieren bei zwei Leuten, die dem Ordnungsamt für Kontrollen zur Verfügung stehen? Eine Kehrmaschine würde mindestens 122 000 Euro kosten. "Das ist viel Geld", sagt Annelie Servatius (Unabhängige Bürgerunion). Stattdessen sollten noch mehr Mülleimer aufgestellt werden. Dafür plädiert auch Gertrud Weydert (Grüne). Sie sagt: "Es ist nicht dreckiger als in anderen Städten." Auch sie plädiert für mehr Mülleimer und eine Stärkung des Bewusstseins. Vielleicht gibt es am Donnerstag einen ersten Fingerzeig. Der Stadtbürgermeister ist gespannt auf die Resonanz der Aktion, die um 11 Uhr auf dem Marktplatz beginnt.

Meinung

Ohne Maschine geht es nicht


Wer ganz bewusst die Augen auf den Boden richtet, muss zugeben: In Bernkastel-Kues sind offenbar viele Raucher und Kaugummikauer unterwegs. Für andere Orte gilt das natürlich auch. Aber gerade in der engen Altstadt mit ihrem Kopfsteinpflaster und angesichts von unzähligen Besuchern ist es unübersehbar. Das bedeutet natürlich gleichzeitig: Die Übeltäter kommen auch aus den Reihen der Gäste. Die Aktion am Donnerstag ist ein Zeichen, sie wird aber auf Dauer nicht für Abhilfe sorgen. Die wird es wahrscheinlich nur durch den Einsatz einer Kehrmaschine geben - falls sie auch in die Ritzen kommt. So ein Gerät kann gemietet und somit getestet werden. Dieser finanzielle Aufwand muss der Stadt die Sauberkeit wert sein. c.beckmann@volksfreund.de

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