Kein Licht am Tunnel-Ende

SALMTAL. Im Sommer kommt das Aus für 90 Mitarbeiter der Bauunternehmung Peter Rauen. Der Inhaber, zugleich Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung und Bundestagsabgeordneter, macht auch die politischen Rahmenbedingungen für den Schritt verantwortlich.

Die bevorstehende Betriebsschließung schien, wenn man die Hochglanzbroschüre zum 100-jährigen Firmenbestehen im Jahr 2000 liest, ausgeschlossen: "Nach vorne blicken, Ideen entwickeln als Option auf die Zukunft, die es zu meistern gilt", steht dort zum Schluss. Die Firma sei ein Teil von Salmrohr, und die Zyklen der Konjunktur waren bekannt: "Es hat Blütezeiten, aber nie einfache Zeiten gegeben. Denn der goldene Boden, von dem man im Zusammenhang mit dem Handwerk spricht, ist der harte Boden der Realität."Diese Wirklichkeit sah jedoch nach Worten von Peter Rauen, der das auf Großbauten spezialisierte Unternehmen zusammen mit Bruno Lütticken und Hubert Hoffmann als Gesellschafter führt, schon seit längerem nicht rosig aus: "Seit etwa 1995 sind 4,5 Millionen Mark an Substanz aufgebraucht worden." Die Riesen der Baubranche kalkulierten mit ausländischen Arbeitskräften, Großprojekte wie der Bau der B 50 neu fielen aus, die Preise, die seinen Mitarbeitern genügend Nettolohn brächten, seien nicht durchsetzbar, schildert Rauen die Situation seines Unternehmens. Bereits zu Zeiten von Kohl und Blüm habe er auf dem politischen Parkett betont, dass es mit der Abgabenbelastung und Arbeitsverteuerung so nicht weitergehe.Kein politisches Zeichen gegen Rot-Grün

Dass die Entscheidung zur Betriebsschließung gerade wegen seiner Position als Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung (MIT) große Signalwirkung hat, leugnet Rauen nicht: "Sicher, das ist ein katastrophales Zeichen für die gesamte Baubranche." In einer Pressemitteilung der MIT greift Rauen zu drastischen Worten: "Am Ende des Tunnels schimmert noch längst kein Licht. Ganz im Gegenteil, es wird noch schlimmer." Das Arbeitsrecht sei ein Arbeitsplatzvernichtungsrecht, und viele seiner Kollegen hätten auf seinen Schritt mit dem Kommentar reagiert, endlich habe jemand den Mut, "diesen Irrsinn zu beenden".Als politisches Zeichen gegen Rot-Grün will Rauen die Schließung dennoch ausdrücklich nicht verstanden wissen: "Niemand kann sich vorstellen, wie schwer das fällt. Die nächsten vier Jahre durchzuhalten, wäre unmöglich." Ausschlaggebend sei die Verantwortung gegenüber der eigenen Familie gewesen, denn er wolle den Schritt vieler Mittelständler nicht gehen, die Alterssicherung zu verbrauchen ohne jede Aussicht, damit das Blatt noch wenden zu können. Zudem solle niemand auf Forderungen gegen seine Firma sitzen bleiben und Geld verlieren. Nach dem Entschluss, der gemeinsam mit den anderen beiden Geschäftsführern gefallen sei, bemerkt Rauen in seinem Betrieb "ein Gefühl der Erleichterung".Er will helfen, seinen Mitarbeitern ("Alles Top-Leute") neue Jobs zu suchen, auch wenn er einräumen muss, dass das schwer wird: "Unternehmer sind nicht dazu da, Arbeitsplätze zu schaffen, sondern um Gewinn zu machen. Arbeitsplätze gibt es nur mit Aufträgen." Die hätten die Kollegen ebenfalls zu wenig: "Die Lage ist schlechter als die Stimmung." Einen Sozialplan für die Rauen-Mitarbeiter gibt es nicht. "Die Politik ist in der Verantwortung, die Rahmenbedingungen so zu schaffen, dass die Lasten wieder bezahlbar werden." Die Politik insgesamt habe sich weit von den Belangen der Wirtschaft entfernt. Rauen: "Dazwischen liegen Welten, doch eigentlich wäre das elementare Erleben wichtig."Den kursierenden Vermutungen, die Schließung sei lediglich die Vorbereitung einer Verlagerung nach Luxemburg, begegnet Rauen mit Verwunderung: "Unser Betrieb in Luxemburg ist doch von der Schließung genauso betroffen."

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