Kein Vieh- sondern ein Schweinemarkt

WITLICH. (red) Im Rahmen von "Ja Damals" haben in der Samstagsausgabe TV -Leser ihre Erinnerungen an den Wittlicher Viehmarkt erzählt. Einen ganzen Brief hat Zeitzeugin Fränzel Hürter aus Wittlich zu dem Foto an den TV geschrieben. Wir drucken ihn heute ab.

In den 1920er Jahren war mein Schulweg immer über die Straße "Schweinemarkt". Vier Jahre lief ich rüber zur Volksschule und weiß sehr viel über den Platz, der mit einer schönen, einen Meter hohen Sandsteinmauer von der Kurfürstenstraße abgegrenzt war, worüber auch alle Kinder liefen. Vorne an der Einfahrt zum Platz stand - wenn Markttag war - Polizei und erhob das Standgeld von den Bauern, die auf den Markt fuhren. Die Gespanne der Holz-, Kasten- oder Leiterwagen zogen meist Kühe, aber in diesen Wagen lagen die Schweinchen. Dort wurde keine Kuh gehandelt oder verkauft. Kühe waren auf dem Platz gegenüber Post und Bahnhof angebunden zum Verkauf, aber nicht auf dem Schweinemarkt. Die Käufer und Verkäufer schlugen sich die Hände, damit war der Kauf getätigt. Es kamen Moselaner und Eifeler zum Kauf. An den Sandsteinmauern waren Eisenhaken befestigt. Sie dienten dem Seiler Wagner, dicke Taue zu ziehen, etliche Meter lang. Mehrere Seile, befestigt an den Eisenhaken, wurden durch ein Gestell gezogen und wickelten sich zum dicken Tau zusammen. Wagner hatte das Geschäft in der Burgstraße. Hier war auch französische Besatzungsmacht nach dem ersten Weltkrieg. Französische Soldaten saßen auf den Sandsteinmauern und ließen die Beine baumeln. Auch spanisch-marokkanische Soldaten mit weißen Umhängen, die im Dienste der Franzosen waren. Unsere erste Forstschule befand sich auch in der Kurfürstenstraße gegenüber dem Schweinemarkt - neben der heutigen Säubrenner-Apotheke, und der Schweinemarkt war ihr Pausenplatz. Auch der heutige Wittlicher Kirmesplatz war der Schweinemarkt in den 20er Jahren, auch das Zirkuszelt und die Gewerbeschau waren immer dort. In der Stadt waren viele, viele Metzgereien mit Gaststätten. Dort trafen sich die Bauern nach dem Schweineverkauf und ihre Frauen, die dann auch die Geschäfte aufsuchten. Es war ein sehr reges Treiben in der Stadt. Ich sage immer "Schweinemarkt" und nie "Viehmarkt".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort