Keine Berührungsängste

TRABEN-TRARBACH. Knochenarbeit im wahrsten Sinne des Wortes verrichtet der Traben-Trarbacher Frank Eigner, der dabei nicht nur mit einem Bein im Grab steht. Als Arbeiter ist er beim städtischen Bauhof beschäftigt und für die vier Friedhöfe in der Stadt und in den Ortsteilen Kautenbach und Wolf zuständig. Neben dem Ausheben und Schließen der Gräber gehören viele weitere Aufgaben zu seinem Tätigkeitsfeld.

"Rasen mähen, Schneiden von Hecken und Bäumen, Laub kehren, Schnee räumen", zählt der 37-Jährige auf, "langweilig wird mir noch nicht, ich habe Arbeit satt", und schmunzelnd ergänzt er: "Ich bin auch die Putzfrau der städtischen Leichenhalle." So richtig an die Knochen geht das Ausheben der Gräber, "bei kaltem Wetter spüre ich meinen Rücken", sagt Eigner. Was andernorts schon längst die Bagger verrichten, ist hier noch Handarbeit, die besonders schwer wird, wenn strenger Frost herrscht.Gelegentlich stößt er beim Graben auf Knochen

Mit einem elektrischen Meißelhammer arbeitet sich Eigner dann Stück für Stück in die Tiefe vor. Berührungsängste kennt der junge Mann nicht, auch wenn ihm beim Ausheben eines Grabes gelegentlich Gebeine vor den Spaten kommen. Die sterblichen Überreste eines Menschen bleiben auch bei einer Neubelegung im Grab. Seit 16 Jahren verrichtet Eigner diese Arbeit. Bei Gärtnermeister Erwin Treitz half er ein Jahr mit, erlernte im Weingut Louis Klein das Winzerhandwerk und folgte dem Ratschlag seines Vaters Gerhard, der Kellermeister im Weingut Julius Kayser war. Der meinte, dass ein Arbeitsplatz im öffentlichen Dienst sicherer sei. Schauerlich findet Frank Eigner seinen Beruf nicht, das sei Gewöhnungssache. Und der 37-Jährige ist weder todernst noch trägt er Leichenbittermiene. Wenn Eigner ein Grab ausgehoben hat, wird es vor der Beerdigung mit grünen Matten ausgelegt. Zu den Aufgaben des städtischen Arbeiters gehört auch das Läuten der Friedhofsglocke und das Schließen des Grabes, das etwa 45 Minuten in Anspruch nimmt. Anschließend bringt er den Blumenschmuck von der Kapelle zum Grab und richtet es schön her. Weniger erfreut ist er über die Menschen, die die Blumensträuße stehlen, insbesondere vom Trabener Friedhof, der als beliebte Abkürzung gilt. "Hier geht jeder rüber", weiß Eigner. Eine Witwe berichtete ihm, dass sie am Todestag des Ehemannes abends einen Strauß aufs Grab gestellt habe, der am nächsten Tag verschwunden war. Erwischt hat Eigner leider noch keinen bei den pietätlosen Diebstählen auf dem Friedhof. Inzwischen hat er Feierabend und ruht sich auf einer Friedhofsbank aus. Auf einen Plausch zu ihm gesellt haben sich Josefine Moog, deren Ehemann ein Kollege von Eigners Vater war und Walter Bonn, der auch einst für den städtischen Bauhof arbeitete und auf dem Friedhof aushalf. Bonn weiß eine schaurig-schöne Geschichte zu erzählen, die sich vor etwa 20 Jahren in Traben zugetragen hat. Es war Winter und der Boden nass, schon steckte der Bonns Stiefel fest und widersetzte sich allen Bemühungen, aus der Erde herauszukommen. "Also habe ich ihn beerdigen müssen", sagt Bonn lachend, der seinen jungen Kollegen bereits vorgewarnt hat, dass er eines Tages einmal auf einen Gummistiefel stoßen wird - auf dass Eigner nicht zu Tode erschrickt. Jk

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