Kirche in der Krise

Die evangelische Kirche erlebt eine Umbruchphase: Finanzkrise, Strukturprobleme, weniger Kirchenmitglieder. Auch vor 20 Jahren gab es einen gesellschaftlichen Umbruch durch den Fall der Mauer. Beide Themen standen im Mittelpunkt der zweitägigen Kreissynode Simmern-Trarbach.

Traben-Trarbach/Simmern. (dju) Trotz Krisenzeiten die Hoffnung leben, das wollen die Protestanten im Hunsrück und an der Mosel. Im Mittelpunkt der Synode des evangelischen Kirchenkreises Simmern-Trarbach in Ravengiersburg stand die Erinnerung an die friedliche Revolution vor 20 Jahren.

Gleichzeitig wurde bei dem zweitägigen Treffen aber auch danach gefragt, welche Konsequenzen die Erfahrungen dieser damaligen Umbruchzeit für die heutige Zeit haben. "Der Fall der Mauer ist ein historischer Glücksfall, der zu Recht groß gefeiert wird", meinte Superintendent Horst Hörpel. Allerdings könne man den Eindruck bekommen, als lebe man nun in einer freien und friedlichen Welt. "Leider ist die Wirklichkeit eine andere. Wir stecken mitten in einer tiefen Systemkrise, die durch falsch verstandene Freiheit ausgelöst wird", warnte Hörpel vor den rund 100 Synodalen bei seiner Rede im Gemeindehaus in Ravengiersburg. Und er fügte hinzu: "Ich gewinne zunehmend den Eindruck, dass wir noch zu wenig begriffen haben, dass diese Krise einen gesellschaftlichen Aufbruch wie 1989 verlangt."

Diese Erfahrungen des friedlichen Umbruchs vor 20 Jahren wollen sich die Protestanten zunutze machen. Der frühere Dresdener Pfarrer Rudolf Albrecht, der sich stark in der kirchlichen Friedensbewegung der DDR engagierte und den Weg zum Mauerfall hautnah miterlebte, schilderte seine Eindrücke aus dieser Zeit. Er gab der Kreissynode viele Denkanstöße mit auf den Weg. Er betonte, dass es wichtig sei, Prioritäten zu setzen und das anzupacken, wozu man fähig sei. Kleine Schritte seien wichtig, und immer wieder müsse lokales Handeln auch globales Denken beinhalten, machte er deutlich. Den "Aufbruch ins Ungeahnte" wagen, dazu forderte Superintendent Horst Hörpel den Kirchenkreis auf. Für die Schwachen eintreten und Stimme der Armen zu sein, das könnte eine dieser wichtigen Aufgaben für die evangelischen Gemeinden sein.

Für 2010 ist ein Fehlbetrag von 270 000 Euro eingeplant



Im kommenden Jahr soll auf einer Tagung überlegt werden, wie die Kirche hier stärker tätig werden kann. Dass die evangelische Kirche in Krisenzeiten steckt, zeigte sich bei den Finanzen. In den ersten drei Quartalen 2009 lagen die Kirchensteuereinnahmen im Kirchenkreis um 18,5 Prozent unter denen des Vorjahreszeitraums, für 2010 ist ein Fehlbetrag von rund 270 000 Euro eingeplant, der über eine Rücklagenentnahme sowie eine Kürzung der Gemeindezuweisungen ausgeglichen werden soll. Der einstimmig verabschiedete Haushalt für 2010 hat ein Volumen von etwas mehr als sechs Millionen Euro, rund 700 000 Euro mehr als 2009. Die Kreissynode forderte einstimmig die Evangelische Kirche in Deutschland auf, angesichts der Probleme bei der Visa-Vergabe für Jugendliche aus Partnerkirchen das Gespräch mit den politisch Verantwortlichen zu suchen.

Abgelehnt wurde der vom Kreissynodalvorstand vorgeschlagene Austritt des Kirchenkreises aus der Beratungsstelle "Help-Center". Der KSV wollte mit diesem Schritt die Suchtberatung in die Beratungsarbeit des gemeinsamen Diakonischen Werkes mit dem Kirchenkreis Trier integrieren. Angesichts der langen Zusammenarbeit mit dem "Help-Center" lehnte die Mehrheit der Synode dies allerdings ab.

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