Klassenfahrt, die Wirkung zeigt

WITTLICH-WENGEROHR. Im Zentrum ihrer Abschlussfahrt stand für die 9. Klasse der Liesertalschule der Besuch eines Konzentrationslagers. Obwohl die Schüler im Unterricht die Nazi-Zeit besprochen hatten, schildern sie die Begegnung mit Dachau als erschütterndes Erlebnis.

 Erschütternde Eindrücke brachte die 9. Klasse der Liesertalschule von ihrem Besuch des Konzentrationslagers in Dachau mit.Foto: Petra Geisbüsch

Erschütternde Eindrücke brachte die 9. Klasse der Liesertalschule von ihrem Besuch des Konzentrationslagers in Dachau mit.Foto: Petra Geisbüsch

Als "furchterregend" fasst Sascha zusammen, was er in Dachau gesehen hat. Drei Menschen, die sich eine winzige Pritsche teilen mussten, und die Bewohner einer ganzen Baracke wurden kurzerhand erschossen, wenn nur einer eine ansteckende Krankheit bekommen hatte.Manuela erzählt vom Hungerbunker, in den Gefangene so lange eingesperrt wurden, bis sie qualvoll starben. Von seiner Gänsehaut berichtet Peter. "Obwohl man natürlich nichts mehr gerochen hat nach all den Jahren, war der Anblick der Krematorien schrecklich." "So behandelt man nicht einmal Tiere", meint Daniel.Intensive Vorbereitung im Vorfeld

Die Schüler hatten von allem schon gehört. Ihr Klassenlehrer Volker Kirsch hatte fächerübergreifend das Thema Nationalsozialismus behandelt, wohl wissend, dass junge Menschen auch heute mit menschenverachtendem Gedankengut konfrontiert sind. "Und unsere Schüler können sich eher schlechter dagegen wehren als andere." Trotz der intensiven Vorbereitung verschlug es den Jugendlichen die Sprache, als sie mit eigenen Augen die Einzelheiten des ehemaligen Konzentrationslagers in Dachau sahen.Einige bestätigen, dass sie selbst Nazis kennen. Ulrikes Freundin zum Beispiel trifft sich manchmal mit Jungs aus der rechten Szene. Was die dazu sagen, wenn sie von ihren persönlichen Eindrücken berichtet? "Die lachen nur." Sie leugnen bis heute die Tatsachen der Vergangenheit. In Peters Bekanntenkreis gibt so mancher ausländerfeindliche Sprüche zum besten. Gerade deshalb behandelte Kirsch derart ausgiebig den Nationalsozialismus. Er versuchte zu verdeutlichen, wie wichtig es ist, auch in der Gegenwart dagegen anzugehen. Die Geschwister Scholl, deren Gedenkstätte in München mit auf dem Programm der Klassenfahrt stand, seien so ein Beispiel gewesen. Wie viel Mut zum Widerstand nötig war, können sich seine Schüler inzwischen vorstellen.Angst vor einer Wiederholung der Geschichte haben sie jedoch keine. Optimistisch hoffen sie auf die Lernfähigkeit der Menschen. "Ich glaube, dass die Leute vernünftiger geworden sind als sie es damals waren", sagt Tanja, und die Mehrheit der Klasse nickt zustimmend. Sie selbst jedenfalls sind nicht von rechtsradikalen Ideen zu ködern. Und sie geben ihre Erfahrungen an andere weiter. Im Eingang der Schule steht eine Stellwand, auf die sie ihre Tagesberichte der Abschlussfahrt geheftet haben. Fotos und Geschichten dokumentieren, was sie gesehen und gefühlt haben."Die großzügige Unterstützung der Kreisverwaltung hat diesen wichtigen Lernprozess ermöglicht", sagt Kirsch dankbar. Er kann sich kaum ein Projekt vorstellen, bei dem staatliches Geld sinnvoller angelegt wäre. Und er hat seinen Teil dazu beigesteuert, dass die Fahrt in einem finanziell erträglichen Rahmen blieb. Kollegin Marianne Schares hat die abenteuerliche, aber preiswerte Reise mit Wochenendtickets der Deutschen Bahn begleitet: An einem Sonntagmorgen um halb sieben ging es in Wengerohr los. Nach sechsmaligem Umsteigen war man am späten Abend erst am Ziel: der Jugendherberge.

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