Klassischer Jahrgang

WEHLEN. Die erste Begegnung mit den Rieslingen des Jahrgangs 2004 machte viel Freude. Die Jungweinprobe wird dabei für viele Weinfreunde immer mehr zu einem festen Bestandteil im Kalender.

Es war so, als hätten sich die etwa 300 Besucher der großen Jungweinprobe abgesprochen. Die erste "Schicht" kam um 11 Uhr. Sie wurde um 14 Uhr von der zweiten "Schicht" abgelöst. Das hatte den positiven Effekt, dass der historische Speicher im Weingut S.A. Prüm in Wehlen nur zeitweilig brechend voll war. Diese Probe der neuen Weine, die allesamt noch nicht abgefüllt sind, gewinnt an Bedeutung. Wo sonst können Weinfreunde in einem so frühen Stadium der Weinbereitung die Rieslinge von 13 Top-Betrieben der Mittelmosel einem ersten Geschmackstest unterziehen? Hausherr Raimund Prüm, der den Speicher zum zwölften Mal zur Verfügung stellte, registrierte wie die anderen Winzer, dass die Einheimischen längst nicht mehr unter sich sind. "Es waren Schotten, Franzosen, Spanier und Engländer da", bilanzierte er kurz vor Toresschluss. "Auch der Fachhandel war vertreten." Der Riesling sei eindeutig auf dem Vormarsch. Auch Kollege Ernst-Josef Kees (Graach), zweiter Vorsitzender des Weinbauverbands, stellt steigendes Interesse nach Riesling fest - sogar bei den Fassweinen. "Teilweise gibt es zu wenig Wein", erläuterte er die derzeitige Lage auf dem Weinmarkt.Die Frucht steht im Mittelpunkt

Der 2004er hat das Zeug dazu, wieder ein klassischer Jahrgang zu werden. Bei seinem Vorgänger - als Jahrhundertjahrgang apostrophiert - waren teilweise durch hohe Alkoholwerte die Merkmale des Rieslings, Rasse, Finesse und Leichtigkeit, überdeckt worden Die trockenen und halbtrockenen Weine versprechen genauso viel Genuss, wie die fruchtbetonten Spät- und Auslesen im restsüßen Bereich. Und auch die Raritäten schmecken bereits. "Das ist der beste Eiswein, den ich je getrunken haben", bemerkte Paul Adams (Bernkastel-Kues) zu dem Erzeugnis, das Winzer Martin Kerpen (Wehlen) am 21. Dezember 2004 erntete. Andree Menzel zog 1999 vom Sauerland nach Zeltingen-Rachtig. Vor diesem Wechsel folgte er dem "Mainstream" und bevorzugte Rotwein. "Zum ersten Fest in der Straße brachte ich eine Flasche Rotwein mit", berichtete er. Doch dann begann der Umschwung. Mittlerweile ist er nicht nur Rieslingfreund, sondern auch Rieslingspezialist. Markus Vennemann und Birgit Pförtner stammen aus Osnabrück, wohnen aber mittlerweile in Stuttgart. "Ich habe während des Studiums in einer Weinhandlung gejobbt", erläuterte Vennemann seinen Bezug zum Wein. Die beiden sind extra angereist, um an der Probe teilzunehmen. Vennemann und Pförtner gehören zu der Kategorie von Kunden, die die Winzer im Visier haben: jung und erfolgreich. Leute, die bereit sind, gutes Geld für sehr guten Wein auszugeben. Und gleichzeitig wissen, dass Riesling immer noch vergleichsweise preiswert ist.

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