Kleine Rebellion gegen die Räte

GROSSLITTGEN. Großlittger wehren sich: Ein Einwohnerantrag gegen ein vom Gemeinderat geplantes Neubaugebiet wurde bereits auf den Weg gebracht. Der Bürgerentscheid zum VG-Austritt soll kommen, wenn der Bauantrag für das Manderscheider Bad verabschiedet wird.

Sie kommen aus ganz unterschiedlichen Ecken. Dennoch haben der Einwohnerantrag gegen das Neubaugebiet Burecken und die Initiative des Heimat- und Gewerbevereins Himmerod gegen die Renovierung des Manderscheider Schwimmbads eins gemeinsam: Sie sollen die Gemeinde vor weiteren Schulden bewahren. Während der Einwohnerantrag gegen das Baugebiet bereits auf den Weg gebracht ist, ist der Bürgerentscheid zum VG-Austritt für den Gewerbeverein bislang nur die letzte Möglichkeit, falls der VG-Rat den Bauantrag für das Bad tatsächlich beschließt.Erst ging es um Wahrheit, dann um Schulden

Alfred Kremer war es, der die Sache mit dem Neubaugebiet Burecken ins Rollen gebracht hatte. Unmittelbar nach dem Beschluss des Ortsgemeinderats hatte er bei verschiedenen Behörden versucht, das Projekt zu stoppen - erfolglos. Zunächst ging es um die Wahrheit. "Der Gemeinderatsbeschluss für das Neubaugebiet beruht auf einer Fehlinformation", sagt er. Der Bürgermeister habe gesagt, dass die privaten Grundstückseigentümer nicht zum Verkauf bereit seien. Doch eine Befragung von 38 Eigentümern mit 50 Grundstücken habe später ergeben, dass mindestens 13 verkaufen wollten. Angesichts von Großlittgens Schulden (etwa eine Million Euro) und der von ihm konstatierten fehlenden Nachfrage nach Baustellen, war Kremer dann aber schnell klar, dass es ihm um mehr als die Wahrheit geht. "Die Gemeinde bekommt die Baustellen nicht los und verschuldet sich weiter." Das lehnt er strikt ab. Unterstützung bekam der Rentner Alfred Kremer von dem Finanzbeamten Erwin Heck. Heck ging von Tür zu Tür. "Die Resonanz war überwältigend, kaum einer war für das Baugebiet", sagt er. Auf Anhieb bekam er in 182 Haushalten die Unterschrift für einen Einwohnerantrag gegen das Neubaugebiet. 120 Unterschriften sind für solch einen Antrag maximal nötig. Mit dem Antrag plädieren die beiden Männer dafür, der Sanierung des Dorfkerns, in dem viele ältere Menschen leben, Priorität einzuräumen. Das Baugebiet mit den 40 Bauplätzen, das abschnittweise erschlossen werden soll, solle eingefroren werden. In dem Einwohnerantrag wird auch moniert, dass Ratsmitglieder mit Sonderinteressen fälschlicherweise bei den Entscheidungen zum Baugebiet mitgestimmt hätten. Die Rechtmäßigkeit des Beschlusses sei deshalb zu prüfen. Die Idee mit dem Bürgerbegehren zum VG-Austritt wegen der Bad-Sanierung kam von Reinhold Graf, dem Vorsitzenden des Gewerbevereins und Mitglied des Ortsgemeinderats (der TV berichtete). Graf rechnet mit Kosten von 1,2 Millionen Euro, die wegen des Bads auf die VG zukommen. Auch wegen der Folgekosten rechnet er mit weiteren Schulden für Großlittgen allein wegen des Bads. Graf: "Mit 45 Prozent VG-Umlage liegen wir jetzt schon mit an der Spitze in Rheinland-Pfalz. Wir haben dringlichere Aufgaben zu erfüllen, als uns an den Kosten einer Badsanierung zu beteiligen." Die Sanierung von Kindergarten und Turnhalle sowie die Erschließung des Neubaugebiets Burecken zählt er auf. Mit einem Schreiben, in dem er auf diese Dinge hinweist, will Graf sich an die VG-Ratsmitglieder wenden, damit diese den Bauantrag für das Manderscheider Bad - bislang wurden nur Zuschüsse beantragt - nicht verabschieden. Fruchtet das nicht, will er das Bürgerbegehren zum VG-Wechsel Richtung Wittlich-Land auf den Weg bringen. "Die Idee hat bislang viel Zuspruch bekommen", sagt er. Und was sagt Großlittgens Bürgermeister Karl-Heinz Hubo angesichts der Bürgerbewegungen in seinem Ort? Er bleibt gelassen: "Dem Einwohnerantrag zum Neubaugebiet werden wir nachgehen." Und für einen VG-Austritt sieht er nach einer Umfrage im Gemeinderat kaum eine Chance.

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