König Karl oder Bauer Karl?

KARL. Fortschrittliches Dorf auf Lieserhöhen. So wurde Karl Mitte des 20. Jahrhunderts tituliert. Ist es eine Gründung Karls des Großen?

Karl der Große soll es gegründet haben, das kleine 250 Einwohner zählende Dorf Karl in der Verbandsgemeinde Manderscheid. So ist es hin und wieder zu hören. Eine andere Erzählung berichtet von einem Knecht namens Karl als Ortsgründer. Die Bedeutung des Ortsnamens ist damit von vielerlei Geschichten umrankt. Die erstmalige Erwähnung hingegen weist keinerlei Bezug zu Karl dem Großen auf. Es ist durchaus vorstellbar, dass der Frankenkönig das Liesertal auf seinen Reisen durchquert hat, da seine Residenz in Aachen nur etwas mehr als 100 Kilometer von Karl entfernt lag. Aber ein Zusammenhang mit ihm und dem Ortsnamen ist geschichtlich nicht belegbar. Karl war Teil des Kurfürstentums Trier

Erst ein halbes Jahrtausend nach ihm wird das Dorf urkundlich erwähnt. Durch die Erweiterung der Herrschaft Großlittgens fielen dem Kurfürst von Trier im Jahre 1346 auch zwei Bauernhöfe in der Gemarkung des heutigen Ortes Karl zu. Einer davon war der Hof "uf me karle". Seit der Ersterwähnung des Jahres 1346 bis zum Ende der Feudalzeit (1794) blieb Karl ein Teil des Kurfürstentums Trier und war der Verwaltungung des kurfürstlichen Amts Wittlich zugeordnet. Die Lage Karls, vom Wittlicher Tal aus gesehen, schlug sich in der Einteilung des Amtsbezirks nieder. Karl sowie die Orte Großlittgen, Musweiler, Minderlittgen und Hontheim zählten zu den so genannten "Berggemeinden" des Amtes Wittlich. "Die Lage des Orts ist auf dem Berg rau und kalt, und so ist auch ihre Länderei beschaffen. Die Leute sind nahrhaft und still, treiben kein anderes Gewerb als den gewöhnlichen Ackerbau", so steht es in der Beschreibung des kurtrierischen Amtes Wittlich von 1785. Leider sind aus der frühneuzeitlichen Geschichte Karls nur wenige Urkunden überliefert. Dies mag daran liegen, dass der kleine Ort seine landwirtschaftliche Orientierung in den Vordergrund stellte. 1828 entstand die preußische Kommunalgemeinde Karl. Die Finanzkraft durch die Erlöse aus dem gemeindeeigenen Wald sicherten das Überleben. Mehr noch - 1897/98 entstand eine Molkerei, was selbst in größeren Orten keinesfalls eine Selbstverständlichkeit darstellte und die bis in die Zeit um 1930 arbeitete. Initiative und Ideenreichtum führten Mitte des 20. Jahrhunderts in einem weiteren Zweig des landwirtschaftlichen Erwerbs dazu, dass Karl als "fortschrittliches Dorf" bezeichnet wurde und saisonal reges Leben im Ort herrschte. Diese Bemerkung von 1962 bezog sich auf den seit 1936 agierenden Kartoffelanbauring, der neben Viehzucht und Getreideanbau jahrzehntelang das Dorfleben mitprägte und die Landwirte aus der Region den Weg nach Karl finden ließ. Dabei stand nicht der reine Kartoffelanbau im Vordergrund, sondern die Saatkartoffelvermehrung, ein in der Region selten anzutreffender Erwerbszweig. Flexibilität zeigte der Ort bis in die jüngere Vergangenheit ebenso bei der Entwicklung seines Ortsnamens. Das ursprüngliche "Karle" war bis ins 15. Jahrhundert üblich. Im 16. Jahrhundert änderte sich die Schreibweise in "Karll". Im Verlauf des 17. Jahrhunderts wurde aus dem Anfangsbuchstaben "K" ein "C". Carll, mehr noch "Carl" war bis in die 1930er Jahre üblich. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die heutige Ortsbezeichnung "Karl" eingeführt.

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