Könner bei Konflikten

WITTLICH. Streithähnen den Wind aus den Segeln nehmen: An der Dualen Oberschule arbeiten ein Sozialarbeiter, eine Lehrerin und eine Gruppe Schüler zusammen, um Streitkultur zu lernen und zum Wohle der ganzen Schule einzusetzen.

Sie nennen sich Streitschlichter. Allwöchentlich setzen sich neun Mädchen und Jungs aus den Klassen sechs bis zehn zusammen, um sich persönlich für einen "guten" Streit zu wappnen und um das Erlernte gleich zum Wohle ihrer Mitschüler einzusetzen. Schulsozialarbeiter Oswald Steines und eine Lehrerin aus dem Kollegium, Ursula Groll, arbeiten mit der so genannten gewaltfreien Kommunikation, einem Konzept des Amerikaners Marshall Rosenberg, der damit erfolgreich in Krisengebieten auf der ganzen Welt arbeitet.Ruhig und auf neutralem Terrain

Die elterliche Erlaubnis für die Mitarbeit bei den Schlichtern ist nötig, schließlich sind alle beteiligten Schüler minderjährig. Dass sie ein gutes Stück Verantwortung tragen für das Wohlergehen aller Schüler, ist ihnen allen klar. Manchmal sprechen die Mitschüler sie persönlich an und bitten um Hilfe, manchmal kommen auch Tipps von Seiten der Lehrer oder von Steines selbst. "Hier ist was im Busch, horcht doch mal hin, ob euch da etwas einfällt", könnte so eine Bitte lauten. Dann ziehen sie los und bieten ihre Hilfe nach dem geübten Konzept an. In Ruhe, auf neutralem Terrain, begleitet von im Schlichten inzwischen theoretisch und praktisch erfahrenen älteren Mitschülern lässt sich manchmal scheinbar Unmögliches möglich machen. Denn soviel haben die Streitschlichter längst gelernt: Streit entsteht oft durch Missverständnisse. Wenn einer mal ganz ruhig nach dem Grund für das Geschrei oder die Vorwürfe des anderen fragt, befördert er diese Missverständnisse oft ganz schnell zu Tage. Den Weg zu einer Konfliktlösung ohne Niederlagen finden die Streitenden anschließend meist selbst: Am Ende sind beide Gewinner. Voraussetzung für ein gutes Gespräch ist stets, dass die Streihähne freiwillige mitmachen. Die Gruppen können auch mal größer sein. Schweigepflicht ist Ehrensache. Die Motivation der einzelnen Schlichter, an diesem ehrgeizigen Projekt mitzuwirken, ist sehr unterschiedlich. Schülersprecher Ibrahim beschreibt sich als hilfsbereit und sozial, fast prädestiniert für seine neue Rolle. Wie Caroline, die in einem Jugendzentrum arbeiten möchte, weiß er schon heute, dass ihm die erlernten Strategien im Job nützlich sein werden. Melek ist anders gestrickt. Sie schreit selbst manchmal und hat als Temperamentsbündel in der eigenen Klasse einen schweren Stand. Doch da kommt sie schließlich nicht zum Einsatz. Die Streitschlichter sollen besonders den Jüngeren in der Schule eine Hilfe sein. Je mehr Ältere mitmachen, desto besser. Zu den zurückhaltenden Charakteren zählen Andrej, Tina und Yvonne. Sie weichen Streits eher aus, haben wenig eigene Erfahrung damit, "auf den Putz zu hauen". Kerstin berichtet von einzelnen gezielten Provokationen. Doch es geht ihr genau wie den anderen: Sie lassen sich nicht provozieren. Schließlich sind sie längst Profis, wenn es darum geht, Ruhe zu bewahren im Umgang mit Hitzköpfen.

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