Konversion und Dampfbad

WITTLICH. Der Mitverfasser der lokalen Agenda, Werner Bühler, stellt sich TV-Fragen rund um das Positionspapier.

Gab es einen speziellen Anlass, sich so intensiv mit der Agenda 21 zu befassen?Werner Bühler: Ein Ausgangspunkt waren Anregungen, die immer wieder von kirchlichen Stellen kamen. So hat sich der Katholikenrat des Bistums Trier damit beschäftigt, wie Kirche dazu beitragen kann, nachhaltige Entwicklungen in unserer Gesellschaft zu verwirklichen. Hinzu kam, dass Misereor sich seit Rio mit der Frage auseinander setzte, welche Auswirkungen lokales Handeln auf die weltweit drängenden Fragen einer zukunftsfähigen Entwicklung hat. Und schließlich das Interesse einiger Christen hier in Wittlich, die die Diskussion in den Pfarrgemeinderäten angestoßen haben. Sie schlagen einen "Steuerungsausschuss Agenda 21" vor. Gibt es nicht schon genug Ausschüsse, Vereine, Arbeitskreise?Bühler: Wenn einer der bestehenden Vereine, Arbeitskreise, Ausschüsse in der Lage ist, die Aufgaben eines "Steuerungsausschusses" zu übernehmen, braucht es in der Tat kein neues Gremium. Ich sehe allerdings zur Zeit keinen Kreis, der die Koordination für einen lokalen Agendaprozess leisten könnte. Gibt es Kontakte zum Stadtmarketingverein? Bühler: Bei der Übergabe des Papiers an Bürgermeister Bußmer im Dezember war auch der Verein Stadtmarketing eingeladen. Und selbstverständlich sollen diese Kontakte vertieft werden, übrigens auch zu anderen in Wittlich bedeutsamen gesellschaftlichen Gruppen. Für den Verein interessant sind vielleicht beispielsweise: Gestaltung des Marktplatzes, der Burgstraße, der Neustraße mit Ruhezonen, Bahnhof als Visitenkarte, Gastronomie auf der Straße…Bühler: Unser Anliegen ist es nicht, Lösungen oder gar Rezepte zu liefern. Wir wollten Punkte aufzeigen, bei denen unserer Meinung nach Diskussionsbedarf besteht. Wir wollen, dass die anstehenden Probleme auf breiter Ebene diskutiert werden und dass dann Lösungen gefunden werden, die der Wittlicher Bevölkerung gerecht werden, die aber auch den Anliegen des Agenda-Prozesses nicht entgegenstehen. Wie ist die Resonanz auf das Positionspapier, wem liegt es vor?Bühler: Bisher wurde das Papier vor allem einigen offiziellen Stellen vorgestellt. Wir sind Bürgermeister Bußmer sehr dankbar, dass er zugesagt hat, das Positionspapier auf der Internet-Seite der Stadt Wittlich zugänglich zu machen. Dies ist nun auch erfolgt. Kann nicht innerhalb der kirchlichen Strukturen einiges umgesetzt werden? Wo werden die Pfarrgemeinden denn im Sinne der Agenda über das Papier hinaus aktiv?Bühler: Diese Frage trifft tatsächlich einen wunden Punkt. Ich meine auch, dass wir in unseren eigenen Reihen mehr darüber nachdenken müssen, wie wir selbst den Erfordernissen gerecht werden, die uns die Agenda 21 vorgibt; und wir müssen natürlich nicht nur darüber nachdenken, sondern auch entsprechende Handlungsschritte einleiten. Ich denke da zum Beispiel an den Energieverbrauch in kirchlichen Einrichtungen, aber auch im persönlichen Bereich. Das von den Kirchen seit einigen Jahren initiierte Autofasten zwischen Karneval und Ostern sollte uns auch für die übrige Zeit des Jahres zum sparsameren Energieverbrauch anregen. Ich halte es für selbstverständlich, dass bei kirchlichen Veranstaltungen Waren aus dem fairen Handel (Kaffee, Tee usw.) bevorzugt werden. Wenn dadurch Menschen aus unseren Gemeinden den fairen Handel kennen lernen, ist ein weiterer Schritt getan. Dass wir hier noch nicht alles erreicht haben ist klar, aber dass wir uns darum bemühen, ist auch eine Tatsache. (Geschäfts-)Politisch ein wenig brisant ist die Forderung: Abschaffung der verkaufsoffenen Sonntage. Gab es hierzu Reaktionen?Bühler: Dass diese Forderung bei vielen nicht auf offene Ohren stoßen wird, ist uns auch klar. Aber wir waren der Meinung , dass der Sonntag ein so wichtiges Kulturgut ist, das man nicht gefährden sollte. Darauf wollten wir hinweisen und zu verhindern versuchen, dass der Sonntag immer mehr ausgehöhlt wird. Es wird immer Menschen geben, die Sonntags arbeiten müssen. Aber dies sollte auf das notwendigste beschränkt bleiben. Die Ausführungen zur Konversion beispielsweise klingen, pardon, nicht nach Neuigkeiten: Bezahlbarer Wohnraum, ökologische Mindeststandards, Vermeidung sozialer Brennpunkte, Haus der Vereine, das sind alles Forderungen, die bekannt sind. Warum ist dazu noch ein Positionspapier gefragt?Bühler: Dass nicht alle unsere Vorschläge und Anregungen neu sind, ist uns bewusst gewesen, das haben wir auch im Vorwort deutlich zu machen versucht und bei der Übergabe des Papiers an den Bürgermeister betont. Aber es kann ja nicht falsch sein, auch bereits bekannte Themen - und übrigens auch teilweise schon verwirklichte Forderungen - in ein Papier aufzunehmen, das sich darum bemüht, ein möglichst vollständiges Bild zu zeichnen. Sport und Freizeit, so ist aufgeführt, seien für eine positive Stimmung in der Gemeinde unabdingbar. Was heißt bei Handlungsperspektiven: "Einbeziehung des Stadtparks" und - pardon nochmals - ist denn eine Sauna und ein Dampfbad als Ergänzung zum Hallenbad eine gute Idee?Bühler: Möglichkeiten, die Freizeit sinnvoll zur Erholung zu nutzen, sind mit Sicherheit erstrebenswerte Voraussetzungen, ich denke das ist unumstritten. Wie man in diesem Zusammenhang, den Stadtpark als Erholungsgelände besser nutzen könnte, sollte überlegt werden. Auch hier gilt, wie oben schon gesagt, es geht uns nicht um Rezepte, sondern darum, zur Diskussion und zu eigenen Vorschlägen anzuregen. Sauna und Dampfbad sind dann auch als eine Möglichkeit angeführt. Allerdings ist das sicher auch nicht der Punkt, der die höchste Priorität haben müsste. Welches Projekt liegt Ihnen persönlich besonders am Herzen?Bühler: Im Grunde sind es für mich drei Bereiche, die ähnlich wichtig sind, und die man nicht einfach voneinander trennen kann. Ökologie (Schutz der Umwelt vor weiterer Zerstörung), Entwicklungszusammenarbeit (Chancengerechtigkeit auch für Menschen in unterprivilegierten Regionen) und soziales Zusammenleben (respektvoller Umgang mit den Menschen unserer Umgebung). I hre Motivation musste auch der Glaube sein, etwas bewegen zu können. Was konnten Sie bislang bewegen?Bühler: Natürlich glauben wir etwas bewegen zu können, sonst hätten wir uns die Arbeit nicht gemacht. Wir sind aber nicht ungeduldig in unseren Erwartungen. Erfolge brauchen Zeit. Das gilt bei solchen Problemen ganz sicher. Wir sollten nicht am Anfang des Weges fragen, wie weit entfernt das Ziel noch ist. Deshalb: Stellen Sie diese Frage doch in ein oder zwei Jahren noch einmal. Wie groß ist das Interesse ?Bühler: Das Interesse an der "Agenda 21" wird um so geringer sein und bleiben je weniger es uns gelingt, deutlich zu machen, dass es dabei nicht nur um die globalen Probleme geht. Wenn der Eindruck entstünde, dass die lokale Umsetzung des Agendaprozesses nur dazu dienen sollte, gute Voraussetzungen für die globalen Entwicklungen zu schaffen, wäre das fatal. Wenn wir es allerdings schaffen, die globalen Probleme zu verbinden mit lokalem Handeln, das den Menschen auch in ihrem eigenen Bereich nutzt, sehe ich Chancen, dass das Interesse wächst. Die Fragen stellte Redakteurin Sonja Sünnen

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