Kraftvolle Männerstimmen und zartes Saitenspiel

WITTLICH. (peg) Lieder von ungenügsamen Nonnen, siebzehnjährigen Blondinen und von Franz Schubert: Fast ausverkauft war das Jahreskonzert des Männerchores in der Synagoge.

Es war das erste A-cappella-Konzert des Männerchores in den vergangenen Jahren. Und es war fast ausverkauft, was für die Qualität und Leistung dieses Chores unter der Leitung von Reinhold Schneck spricht. Der schafft es problemlos, ein Abendprogramm zusammenzustellen, in dem er Stücke aus Barock, Romantik und Moderne präsentiert. Franz Schubert, Bob Dylan, Cynthia Weil und Udo Jürgens werden nebeneinander lebendig, ohne sich gegenseitig den Schneid abzukaufen. "Wir wollen dem Chorgesang seinen kulturellen Stellenwert erhalten", hatte der Vorsitzende Paul Schulz bei seiner Begrüßung in der fast ausverkauften Synagoge gesagt. Das ist den Herren gelungen, die den Rahmen des Bühnenraumes komplett in Anspruch nehmen mussten. Richtig eng wurde es stets, wenn die drei Solisten auch noch Platz nahmen: Annette Wirtz und Anne Weingärtner an den Flöten und Eva Knöpflein an der Harfe bereicherten mit ihren Darbietungen den Abend aufs Angenehmste. Der Applaus bewies, wie gut dieser Kontrast zarter Saiten zu knapp 50 kraftvollen Männerstimmen ankam. Das Programm begann bedächtig, fast andächtig mit einem altfranzösischen Tanzlied und einem Loblied auf die Musik an sich von Johannes Jeep, bevor es sich in einem ganzen Block Franz Schubert zuwandte, einem der unbestritten besten Verfasser von deutschem Liedgut. Die ersten deutlichen Lacher entlockten den Zuschauern noch vor der Pause die Zeilen von "Aus der Traube in die Tonne". Darin beschreibt Kurt Lissmann lebensnah den Werdegang des Weines vom Stock im Weinberg, hinein ins Glas, hinunter in die Kehle, in den Schlund, in den Magen, in die Seele... Aufschlussreiche Moderationen von Theo Ostermeier bereiteten die Gäste auf die Inhalte des jeweils kommenden Blockes vor. "Das Kloster Grabow lehrt uns: Die kleinen Süden bestraft der liebe Gott sofort", hatte er angekündigt. Und richtig: Auf unterhaltsame Weise erzählt Carl Loewe die Geschichte einiger Nonnen, die auf ihrer Insel fischten und fischten, bis erstens der Magen verstimmt und zweitens das Gewässer leer war. "Sie hätten sich sollen begnügen", lautete die mehrere Dutzend Mal in allen Tonlagen wiederholte Lehre dieses Stückes. Für die Arrangements des letzten Blocks hatte Reinhold Schneck sich persönlich an den Schreibtisch gesetzt. Drafi Deutschers "Marmor, Stein und Eisen bricht", Cynthia Weils Bossa Nova und "Siebzehn Jahr, blondes Haar" von Udo Jürgens schrieb er kurzerhand selbst für den benötigten vierstimmigen Vortrag um. Doch auch danach gaben die Zuschauer keine Ruhe: Erst nach mehreren Zugaben durfte der Männerchor zum gemütlichen Teil des Abends schreiten.

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