Kranich-Fänger ist ein Kunstdieb

WITTLICH. Ein Wahrzeichen des Wittlicher Cusanus-Gymnasiums ist der Scherl-Brunnen mit seinen vier Kranichen. Gestern wurde eine der Bronze-Skulpturen gestohlen. Da versucht wurde, einen weiteren Kranich mit Gewalt abzubrechen, musste dieser aus Sicherheitsgründen ebenfalls entfernt werden.

Mit ausgestrecktem Flügelpaar liegt der stolze Vogel am Boden neben der Bühne im Atrium des Cusanus-Gymnasiums. Er ist einer der ehemals vier Kraniche, die in Bronze hoch oben auf dem Brunnen der Schule eine Rast zu halten schienen und neugierig auf das Schülergetümmel spähten. Hausmeister Helmut Adams blickt auf das "amputierte" Kunstwerk, dessen schlanke Beine jetzt einen notdürftigen "Verband" tragen. Denn die langkralligen Füße stehen noch fest auf dem Brunnen. "Den haben sie auch versucht, zu stehlen. Er war so wackelig, da mussten wir ihn aus Sicherheitsgründen abschneiden, damit er nicht herunter fällt", sagt Helmut Adams mit Bedauern. Vier Mann mussten die schwere Bronze-Skulptur tragen. Jetzt blicken nur noch zwei der schlanken Vögel mit dem stacheligen Kopfschmuck auf stelzigen Beinen Richtung Schulhof. Am Mittwoch Morgen hat der Hausmeister entdeckt, dass Diebe am Werk gewesen waren. "Ich habe direkt gesehen, dass ein Kranich gefehlt hat und zwar der vordere zum Hof hin. Die müssen den mit Gewalt gepackt und abgerissen haben. Der stützende Eisenstab in der Bronze war leider schon angerostet, sonst hätte das vielleicht nicht geklappt." Auf 60 bis 80 Kilo schätzt Helmut Adams das Gewicht des Kunstwerks. Ein paar Meter über den Rasen hinter dem Brunnen verläuft schon die Kurfürstenstraße. "Mit einem Lieferwagen oder einem PKW war das kein Problem, den Kranich schnell abzutransportieren", meint der Hausmeister. Die Polizei ermittelt. Der Sachschaden ist schwer zu beziffern und ob eine Versicherung aufkommt ist ungewiss, auch, ob man das Werk des Wittlicher Künstlers Hanns Scherl überhaupt wieder herstellen kann. Seit rund 30 Jahren schmückt das Ensemble am Rande des Schulhofes mit seinen insgesamt sechs Wasserläufen das Gymnasium als Kunst am Bau. Bisher musste es nur einmal einen Schülerstreich über sich ergehen lassen. "Vor langer Zeit wurden die Kraniche in der Hexennacht einmal rosa gestrichen und zu Flamingos gemacht. Die Schüler mussten sie damals putzen, bis es wieder Kraniche waren", erinnert sich Helmut Adams. Hanns Scherls Witwe Hildegard sagt zu dem Diebstahl: "1971 wurden die Kraniche aufgestellt. Ich hätte nie gedacht, dass so etwas geschehen würde. Was machen die Diebe nur damit?". Warum ihr Mann wohl gerade diese Tiere zur Gestaltung eines Brunnen gewählt hat? Hildergard Scherl: "Kraniche sind ja sehr majestätisch, und es ging ihm darum, etwas Schönes gegen den kalten Bau zu setzten. Die Idee war vielleicht: Frei sein, wie ein Vogel, wenn man jungist."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort