Kult in der Kajüte

BINSFELD. Die "Kajüte" - weit über die Grenzen der Region hinaus ist das Binsfelder-Kult-Tanzlokal ein Begriff bei Jung und Alt. Seit über 200 Jahren ist die Gaststätte ein Familienbetrieb - jetzt übernimmt der Sohn mit neuem Konzept das Ruder.

Durch die milchigen Scheiben fällt fahles Licht in die Kajüte.Taue und Fischernetze hängen an der dunklen Täfelung. Bilder ingoldenen Rahmen zeigen prächtige Schoner. Fast glaubt man, dieSee bringe den Fußboden zum Schwanken und Meerwasser schwappegegen die Bullaugen. Schiffs-Deko aus alten Hamburger Schuppen

Doch die See ist 360 Kilometer entfernt und die Kajüte liegt nicht im Inneren eines Seglers, sondern im Haus Nummer 7 der Binsfelder Kirchstraße. "Vom Rhein bis ins tiefste Saarland kamen die Leute hierher zum feiern", sagt Lieselotte Faber, die mit ihrem Mann Ernst die Eifeler Kult-Kneipe 1965 von ihren Schwiegereltern übernommen hat. Und die Schwiegereltern hatten die Gaststätte von ihren Eltern übernommen. Und die von ihren. Wie viele Generationen der Familie Faber genau schon das Gasthaus in Binsfeld führten, weiß die Wirtin nicht. "1741 hat ein Herr Bender, der mit einer Frau Faber verheiratet war, die erste Schankerlaubnis beantragt, darüber habe ich Urkunden. Seit 1869 ist der Gaststättenbetrieb in diesem Haus", sagt sie.

Und dann gerät Lieselotte Faber ins Schwärmen. "In Hamburg haben mein Mann und ich in alten Schuppen die Schiffs-Deko aufgetrieben. 1967 haben wir mit den Tanzabenden angefangen und 78 gab's den ersten Disco-Abend." Freitags und sonntags ließen die Gäste ihre Hüften zu John Travolta, Abba und Boney-M. kreisen. Samstags spielten über 15 Jahre lang die "Los Copains" zum Tanz. "Das war die beste Zeit in meinem Leben", sagt Lieselotte Faber. Bei der Erinnerung daran laufen ihr Tränen der Rührung über die Wangen. "Es war so schön damals."

Über die Jahre bauten die Fabers ihr Tanzlokal immer weiter um und aus. Neben einem Tanztempel gibt es auf der Empore eine urige Bar und ein weiträumiges Gasthaus. Seit samstags und sonntags keine Tanzabende mehr sind, ist es allerdings ruhiger geworden in der Kajüte.

Stammgäste seit Jahrzehnten

Freitags ist der Laden aber immer noch voll. Besonders junge Leute, darunter viele Amerikaner, machen dann die Hiphop-Nacht zum Tag. Auch in den 60ern kamen schon viele US-Soldaten von den Stützpunkten Bitburg und Spangdahlem in die Kajüte. "Klar gab's auch schon Mal Ärger, aber es sind auch viele Freundschaften geschlossen worden", sagt die Wirtin.

An der Theke lehnt Lothar Zimmermann. Er beliefert die Kajüte seit 1972 mit Getränken und Brauereiartikeln. "Seitdem komme ich jede Woche hierher - früher auch privat", sagt er und lacht. "Also. Wie viele zusätzliche Tische braucht ihr jetzt für Ostersonntag?", fragt Zimmermann die "neue" Wirtin Marika Weides. Sie und ihr Lebensgefährte Detlef Faber, der Sohn von Lieselotte und Ernst Faber, haben die Kajüte am 1. April diesen Jahres übernommen.

"Einen Betrieb, der schon so lange im Familienbesitz ist, verkauft man doch nicht so einfach, auch wenn es mal nicht so gut läuft", sagt Detlef Faber. Auch seine Freundin Marika ist entschlossen: "Wir wollen die gute alte Zeit wieder haben." Deshalb gibt es wie früher wieder drei Tage Programm. Der Freitag gehört dabei weiter dem Hiphop. "Samstags gibt's Tanzmusik und Country und sonntags Hits der 70er und 80er", sagt Detlef. Diese Musik hat die beiden durch ihre eigene "wilde" Zeit begleitet. Und deswegen hoffen sie, dass auch einige frühere Stammgäste zurück kommen.

Viele sind der Kajüte jedoch gar nicht erst untreu geworden. "Unsere Kellnerin Tina Wind aus Binsfeld ist seit 20 Jahren dabei", sagt Mareike. Auch Inge Prinz gehörte fast zur Einrichtung - 30 Jahre stand sie hinter der Theke. "Die Kajüte war Kult. Man wusste, wen man trifft, man hat sich aufgehoben gefühlt", beschreibt ein Mittfünfziger die Anziehungskraft, die das Tanzlokal auch heute noch auf ihn hat.

Erich Weinrebe hält der Kajüte seit 50 Jahren die Treue. "92 Jahre ist der alt. Jeden Vormittag trinkt er hier seine ein bis zwei Stubbi - bis die Krumpere zu Hause gar sind", lacht Marika. Auch Volkmer Born und Harry Gerten kommen seit Jahrzehnten. In den 70ern und frühen 80ern mischten sie die Kajüte als erste Barkeeper auf.

"Die gute alte Zeit mit der guten Musik von damals - die wollen wir wieder auferstehen lassen", sagt Detlef Faber. Ihr Gasthaus liegt den jungen Wirtsleuten am Herzen. "Wir wollen mit neuem Konzept die Sache angehen - und gleichzeitig die Tradition der Kajüte nicht vergessen", sagt Marika.

Infos zum Programm und Fotos aus Gasträumen, Kajüte, Tanztempel und Bar unter:

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