Kunst als Rettungsanker

WITTLICH. Seinen Lebensunterhalt verdient sich Helmut Eichhorn als Lehrer an einer Fachhochschule. Dennoch ist die Malerei für ihn so wichtig wie das tägliche Brot.

"Im Moment bin ich auf dem Tusch-Trip", erzählt Helmut Eichhorn, während er geschäftig seine Bilder in der Buchhandlung Rieping postiert. Dort werden sie zurzeit ausgestellt. Die wenigsten Bilder sind mit schwarzer Tusche gemalt, die meisten künden in warmer, harmonischer Farbgebung von Eichhorns Freude an der Vielfalt des Lebens. Wenn er spricht, klingt es fast, als male er von Kindesbeinen an. Doch der Eindruck trügt: Erst seit drei Jahren greift er zum Pinsel. "Vorher war ich ein extremer Workaholic", sagt er. Er hatte keine Zeit für nichts und niemanden. Bis ihm die Gesundheit die gelbe Karte zeigte. "Aber ganz massiv", erinnert er sich. Da war die Malerei eine segensreiche Möglichkeit, mit der Herausforderung umzugehen: bunt, aus dem Herzen heraus, aber von Anfang an mit großer Akribie. Denn was er tut, das tut Helmut Eichhorn gerne richtig. Schnell hatte er einen Narren am Aquarell gefressen. "Mütterlicherseits war das Malen in der Familie bekannt", sagt er. Ob nun genetisch, ob sozialisiert, in der Krise griff Eichhorn selbst zum Pinsel. Das sei in gewisser Hinsicht seine Rettung gewesen, sagt er, und betrachtet es als ein Geschenk Gottes. Auf 200 Bilder schätzt er das Werk, das seitdem entstand. Lebensbejahende und farbenprächtige Bilder hat er gemalt: Beispielsweise eine Frau und einen Mann, die unter dem Regenschirm zu einer einzigen Figur zusammenwachsen, oder die Squaw, die so lebendig wirkt, als ob sie aus dem Rahmen steigen will, um sich ins Gespräch der Betrachter einzumischen. Über Eichhorns Bildern - meist zügig in Nass-in-Nass-Technik auf 300-Gramm-Aquarellpapier gemalt - kommt der Betrachter ins Grübeln. Sie sind bestens geeignet für ein Buch, in dem Bild und Text ein neues Ganzes bilden. Christel Werner und Denise Plaetrich haben die Gedichte geschrieben, Helmut Eichhorn die Bilder zu dem Buch gemalt, dessen Titel "Als die Zeit war..." bereits das erste Rätsel aufgibt. Dies ist die erste Koproduktion der drei Wittlicher Kulturschaffenden: Mal malte Eichhorn das passende Bild zur bestehenden Lyrik, mal schrieben die Damen das passende Gedicht zum fertigen Bild. Meist jedoch existierten Bilder und Gedichte schon unabhängig voneinander und mussten nur zusammen gebracht werden. "Mein Thema ist das Leben, der Mensch, die Gefühle", sagt Eichhorn. Ideale Voraussetzungen also, um in den Dialog zu treten mit den Gedanken, Gefühlen, Ängsten und Hoffnungen seiner schauenden, schreibenden und denkenden Zeitgenossen. "Als die Zeit war...", von Werner/Plaetrich/Eichhorn; erschienen im Christel Werner Verlag, ISBN: 3-9810414-0-2; Preis: 19,90 Euro. Die Ausstellung mit 30 Exponaten ist bis Ende der Sommerferien, 3. September, geöffnet.

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