Leidenschaft und Schwärmerei

WITTLICH. (gkl) Zu virtuosem Tastenzauber hatte in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt die Veranstaltungsreihe "Mathar macht's" in die Synagoge eingeladen. Solist in dem vom TV präsentierten Recital war André Terebesi, Lehrbeauftragter am Peter-Cornelius-Konservatorium Mainz. Fand das Publikum virtuose Klaviermusik nicht passend zum Allerheiligentag? Oder ahnte es, dass die Temperaturen in Wittlichs guter Stube ziemlich unterkühlt waren? Es war jedenfalls eine überschaubare Zuhörerzahl, die sich durch ein reichhaltiges Musikangebot frieren musste. Mit Terebesi war ein Pianist in der Synagoge zu Gast, über den die Kritik schreibt, er sei ein "kluger und bemerkenswerter Musiker". Bemerkenswert war es allemal, was Terebesi zu Gehör brachte. Hauptwerk des Abends war Robert Schumanns Sonate Nr. 1 in fis-Moll, Opus 11. Mit Witz und Charme ließ der Solist diese Hommage des Komponisten an seine Geliebte Clara erklingen. Überaus expressiv gestaltete er die Zwiespältigkeit des einerseits leidenschaftlich fordernden und andererseits sehnsüchtig schwärmenden Komponisten, der mit diesem Werk all seine Sehnsüchte der Angebeteten zu Füssen legte. Schumann hat bei dieser Sonate weitgehend formale Vorschriften ignoriert, sie erinnert eher an eine freie Rede, mit der er sein Herz ausschüttet. Exakt diese Gefühlsregungen traf Terebesi. Er schaffte es mühelos, den Notentext wie eine gerade entstehende Improvisation darzustellen, lebendig und emphatisch. Vor der Pause hatte sich Terebesi drei Stücken aus den Spiegelbildern und der Toccata aus "Le Tombeau de Couperin" von Maurice Ravel zugewandt. Hier trat, mehr als bei den anderen ausgewählten Werken, der virtuose Terebesi ins Rampenlicht. Insbesondere die Toccata, eine tiefe Verneigung Ravels vor dem großen französischen Barockmeister, war dazu angetan, seine brillante Technik aufleuchten zu lassen. Übermütig und faszinierend war aber auch "Alborada del gracioso", dessen beeindruckende Wirkung nur dadurch geschmälert wurde, dass der Flügel in der Synagoge Schwierigkeiten hatte, den Anforderungen seines Pianisten gerecht zu werden. Den Auftakt bildeten fünf der insgesamt 555 Sonaten von Domenico Scarlatti. Man mag sich trefflich darüber streiten, ob diese Kompositionen, geschrieben für das Cembalo, auf einem neuzeitlichen Klavier gespielt werden sollten. Terebesis Spiel war darüber erhaben. Sein Bemühen ging dahin, das auszuloten, was die Werke auf dem modernen Flügel zu sagen haben. Konsequent übertrug er die alte Sprache in ein neues Gewand, überzeugend auch für die Anhänger der historischen Klangsprache. Ein gelungener Abend, der mehr Zuspruch verdient hätte.

 Trotz unterkühlter Temperaturen gestaltet André Terebesi in der Wittlicher Synagoge einen packenden Klavierabend.Foto: Gerhard W. Kluth

Trotz unterkühlter Temperaturen gestaltet André Terebesi in der Wittlicher Synagoge einen packenden Klavierabend.Foto: Gerhard W. Kluth

Fand das Publikum virtuose Klaviermusik nicht passend zum Allerheiligentag? Oder ahnte es, dass die Temperaturen in Wittlichs guter Stube ziemlich unterkühlt waren? Es war jedenfalls eine überschaubare Zuhörerzahl, die sich durch ein reichhaltiges Musikangebot frieren musste. Mit Terebesi war ein Pianist in der Synagoge zu Gast, über den die Kritik schreibt, er sei ein "kluger und bemerkenswerter Musiker". Bemerkenswert war es allemal, was Terebesi zu Gehör brachte. Hauptwerk des Abends war Robert Schumanns Sonate Nr. 1 in fis-Moll, Opus 11. Mit Witz und Charme ließ der Solist diese Hommage des Komponisten an seine Geliebte Clara erklingen. Überaus expressiv gestaltete er die Zwiespältigkeit des einerseits leidenschaftlich fordernden und andererseits sehnsüchtig schwärmenden Komponisten, der mit diesem Werk all seine Sehnsüchte der Angebeteten zu Füssen legte. Schumann hat bei dieser Sonate weitgehend formale Vorschriften ignoriert, sie erinnert eher an eine freie Rede, mit der er sein Herz ausschüttet. Exakt diese Gefühlsregungen traf Terebesi. Er schaffte es mühelos, den Notentext wie eine gerade entstehende Improvisation darzustellen, lebendig und emphatisch. Vor der Pause hatte sich Terebesi drei Stücken aus den Spiegelbildern und der Toccata aus "Le Tombeau de Couperin" von Maurice Ravel zugewandt. Hier trat, mehr als bei den anderen ausgewählten Werken, der virtuose Terebesi ins Rampenlicht. Insbesondere die Toccata, eine tiefe Verneigung Ravels vor dem großen französischen Barockmeister, war dazu angetan, seine brillante Technik aufleuchten zu lassen. Übermütig und faszinierend war aber auch "Alborada del gracioso", dessen beeindruckende Wirkung nur dadurch geschmälert wurde, dass der Flügel in der Synagoge Schwierigkeiten hatte, den Anforderungen seines Pianisten gerecht zu werden. Den Auftakt bildeten fünf der insgesamt 555 Sonaten von Domenico Scarlatti. Man mag sich trefflich darüber streiten, ob diese Kompositionen, geschrieben für das Cembalo, auf einem neuzeitlichen Klavier gespielt werden sollten. Terebesis Spiel war darüber erhaben. Sein Bemühen ging dahin, das auszuloten, was die Werke auf dem modernen Flügel zu sagen haben. Konsequent übertrug er die alte Sprache in ein neues Gewand, überzeugend auch für die Anhänger der historischen Klangsprache. Ein gelungener Abend, der mehr Zuspruch verdient hätte.

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