"Lieber kleinere Schritte"

TRABEN-TRARBACH. Zum dritten Mal gab es am Traben-Trarbacher Gymnasium den Aktionstag, der 110 Schülern der Jahrgangsstufe 11 einen Einblick in das Berufsleben gewährte. Sechs Betriebe in der Region haben die Gymnasiasten besichtigt. In acht Arbeitskreisen standen Unternehmer den Schülern Rede und Antwort und berichteten von ihren Erfahrungen.

In Traben-Trarbach waren es die Betriebe Caesar GmbH und Firma Müller (Heizung und Bad), in Enkirch die Flaschenreinigungsfirma Spülo und das Autozentrum Mercedes-Benz, in Zell die Crown Zeller Deutschland GmbH und auf dem Hunsrück der Flugplatz Hahn. Nach dem Einblick in die Berufspraxis informierten sich die Schüler in den verschiedenen Arbeitsgruppen. Winzermeister Wolfgang Immich gründete vor 20 Jahren seine Firma Spülo in Enkirch. Er hielt einen spannenden Vortrag zum Thema "Das Wagnis Selbstständigkeit". Seine vielfältigen Erfahrungen gab er gerne an die jungen Menschen weiter, berichtete von Chancen und Risiken, die der Weg in die Selbstständigkeit mit sich bringt.Traum kann zu einem Albtraum werden

Zunächst klinge es verlockend, unabhängig zu sein von Vorgesetzten und Arbeitszeiten, alle Entscheidungen selbst treffen zu können. Doch der Traum der Selbstständigkeit könne sich auch in einen Albtraum wandeln, sagte Immich. Viele gute Ratschläge hielt er bereit, damit es doch klappen kann. Wichtig seien Leistungsbereitschaft,Ideenreichtum, Durchsetzungsvermögen und die Vorbildfunktion gegenüber den Mitarbeitern. "Eine feste Arbeitszeit könnt ihr euch generell abschminken in der Selbstständigkeit", erzählte der Winzermeister aus seiner Erfahrung. Flexibles Handeln sei gefordert, und auch ein Arbeitstag von bis zu 14 Stunden dürfe einen nicht überfordern. In schwierigen Situationen sei Belastbarkeit gefragt, und selbst wenn sich Hektik im Betriebsgeschehen breit mache, sei die Freundlichkeit gegenüber dem Kunden stets ein wichtiges Gebot. Immich riet dazu, beim Schritt in die Selbstständigkeit die Eigenkapitalmenge genau zu prüfen und mit relativ wenig Fremdkapital zu beginnen, um nicht von den Banken abhängig zu sein. "Lieber etwas kleinere Schritte gehen", hat ihn seine Erfahrung gelehrt. Er eröffnete vor 20 Jahren seinen Betrieb in einer Garage. 100 000 Flaschen konnten dort pro Jahr gespült werden. Inzwischen ist das Unternehmen stattlich gewachsen; Immich, der weiterhin sein Weingut führt, beschäftigt sechs feste Mitarbeiter und einige Aushilfskräfte und kann in seiner Firma acht Millionen Weinflaschen pro Jahr spülen. Ein langsames Wachstum sei von grundlegender Bedeutung, und in die Selbständigkeit wachse man hinein. Kaufmännische Grundkenntnisse seien nötig, und um die Weiterbildung komme keiner herum. Sein Betrieb umfasse viele Berufszweige, erzählte Immich. Marketing, Maschinenführung und Logistik sind nur einige davon, "und die kann man nicht alle lernen". Doch Kenntnisse lassen sich aneignen, wichtig seien Ehrgeiz und Motivation. Wer sich selbstständig machen möchte, brauche gute Ideen. Immich riet dazu, den Markt anderthalb Jahre lang zu beobachten und sich seine Visionen langsam zu erfüllen. Wichtig sei ein Betriebskonzept, und er riet dazu, nicht mehr Geld zu investieren als unbedingt nötig, auch wenn es einem angeboten werde. Sich spontan für die Selbstständigkeit zu entscheiden, sei falsch, ja sogar teuflisch. "Sie sollte nicht aus einem Traum heraus angepeilt werden, sondern jeder sollte sich zunächst selbst befragen, ob er das entsprechende Durchhaltevermögen mitbringt."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort