Lötzbeuren bleibt "letztes Widerstandsnest"
LÖTZBEUREN. "Jobmaschine" oder "riesige Luftblase"? Bei der Live-Diskussion zur Startbahnverlängerung am Flughafen Frankfurt-Hahn ließ der Radiosender SWR4 in Lötzbeuren noch einmal Argumente von Gegnern und Befürwortern aufeinander prallen.
"Vielleicht 50 Cent für die Klofrau", so Axel Weirich, mehr Geld lassen die Passagiere, die vom Flughafen Hahn abheben, nicht im Hunsrück. Der Fraktionssprecher der Freien Wählergruppe "PRO Rhein-Hunsrück" im Simmerner Kreistag brachte am vergangenen Samstag Emotionen in die Diskussion zur Verlängerung der Start- und Landebahn. Die Erfolgszahlen -unter anderem mehr als 2000 Arbeitsplätze - des Flughafens müsse man kritisch hinterfragen. "Das ist eine Riesen-Luftblase", meint Weirich.In Lötzbeuren, im "letzten Widerstandsnest", wie es SWR 4-Moderatorin Christina Heidt nannte, prallten drei Tage vor der entscheidenden Abstimmung des Gemeinderats am morgigen Dienstag noch einmal die Argumente von Gegnern und Befürwortern einer Startbahnverlängerung aufeinander. "Wir sind mit diesem Beschluss nicht gegen, sondern für etwas. Wir sind für unsere Heimat", sagte Ortsbürgermeister Klaus Reitz. 60 Hektar Wald würde die Gemeinde durch die Flughafenerweiterung und die notwendige Verlegung der Bundesstraße 327 (der Hunsrückhöhenstraße) verlieren. Im Gegenzug sollen 1200 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen. Er bezweifle, dass diese Jobs es rechtfertigen, dass so nachhaltig in die Lebensbereiche der Einwohner von Lötzbeuren eingegriffen würde. Es sei nämlich noch nicht untersucht worden, "wie viele Arbeitsplätze durch die Verlärmung einer ganzen Region im touristischen Bereich verloren gehen", argumentiert Reitz.Genau das Gegenteil glaubt Dr. Thomas Langen: "Ich gehe davon aus, dass der Tourismus weiter Impulse bekommt", sagte der Abteilungsleiter im rheinland-pfälzischen Wirtschaftsministerium. Die aktuellen Zahlen würden dies belegen.Das Land entwickle den Flughafen Hahn, um nach dem Abzug der Amerikaner Anfang der 90er Jahre die Strukturprobleme im Hunsrück zu lösen. Von Anfang an sollte neben dem Passagier- der Frachtflugverkehr als zweites Standbein aufgebaut werden, erklärte Dr. Langen.Aber für Transkontinentalflüge sei die Startbahn am Hahn mit 3045 Metern derzeit zu kurz. "Es gibt konkrete Absprachen mit Gesellschaften wie Air France, die auf diese Start- und Landebahnverlängerung warten", sagte Hahn-Geschäftsführer Jörg Schumacher.Lärmbelastungen minimieren
"Wir können als Flughafenbetreiber den Lärm nicht abschaffen", aber man könne durch Schallschutzprogramme die Belastungen minimieren, so Schumacher. So wenig Lärm wie möglich möchte auch der Bürgermeister von Kleinich, Erich Ströher. Ein sechs Punkte umfassender Forderungskatalog (der TV berichtete) soll dies sicher stellen. Der Gemeinderat des Nachbarortes von Lötzbeuren hat nach einem "Nein" in der ersten Stufe des Genehmigungsverfahrens der Startbahn-Verlängerung im Planfeststellungsverfahren zugestimmt. "Wir können nicht ohne weiteres einen Gewerbebetrieb mit 2000 Arbeitsplätzen ignorieren", so Ströher.Mit Arbeitsplätzen argumentierte auch Werner Kuhn: "Was nutzt uns die Umwelt, wenn die Leute keine Arbeit haben?", fragte der Vorsitzende der Bürgerinitiative "Pro Hahn". Diesen "absoluten Anspruch auf alles oder nichts, Arbeitsplätze oder Natur", will Reitz dagegen nicht gelten lassen: "Wir brauchen einen vernünftigen Konsens." Bei der heute Abend im Gemeinderat anstehenden Abstimmung glaubt Reitz, dass sich Lötzbeuren weiter gegen die Flughafenerweiterung ausspricht.