Lücken schaffen Licht und Luft

NIERSBACH. Der Gemeinderat hat es beschlossen: Niersbach fördert in Zukunft den Abbruch nicht erhaltenswerter Gebäude und geht damit neue Wege.

Einstimmig fiel der Beschluss in der Niersbacher Ratssitzung: Die Gemeinde fördert in Zukunft den Abbruch alter, nicht erhaltenswerter Gebäude mit drei Euro pro Kubikmeter bei Wohngebäuden, mit zwei Euro bei Ställen und Scheunen und mit einem Euro bei sonstigen Nebengebäuden. Das Mindestabbruchvolumen muss 300 Kubikmeter betragen. Die Gemeinde selbst will laut Bürgermeister Franz-Josef Krumeich Gebäude kaufen und abreißen. Damit schlägt das Dorf einen neuen Weg ein. Das Ziel: die Belebung des Ortskerns. Krumeich: "Wir haben in der Hauptstraße bereits fünf leer stehende Gebäude, und es werden in den nächsten Jahren sicherlich mehr. 27 Personen, die älter als 60 Jahre sind, wohnen dort in 19 Häusern." Das sei in den meisten Dörfern so, sagt der Bauingenieur, der bei der Kreisverwaltung arbeitet. Oft ließen sich die alten Häuser, die meist feuchte Wände hätten und aus schlechter Bausubstanz bestünden, kaum verkaufen. Sie verfielen, beeinträchtigen das Dorfbild, könnten einstürzen und würden so zur Gefahr oder auch zum Hort von Ungeziefer. Werde solch ein Anwesen doch noch verkauft, seien die neuen Besitzer oft auch nicht unproblematisch. Krumeich: "Häufig sind das dann ältere Menschen aus Ballungsgebieten mit niedrigem Einkommen oder Problemfamilien, die nicht viel Geld haben. Dorfkerne werden so zu sozialen Brennpunkten." Würden hingegen alte, nicht erhaltenswerte Häuser abgerissen, könne zum einen die Wohnqualität im Ortskern verbessert werden, dadurch dass entweder Licht und Luft geschaffen würden. Zum andern würde Platz für Um- und Neubauten geschaffen, die für junge Familien interessant sein könnten. Damit, so ist sich der Bürgermeister sicher, könne auch einer weiteren Ausdehnung des Dorfes in den Außenbereich entgegengewirkt werden. Dies spare nicht nur Erschließungskosten, sondern sei angesichts der demografischen Entwicklung wünschenswert. Dass sich Niersbach solch eine außergewöhnliche Förderung leisten kann, hat seinen Grund. Der Ort gehört zu den wenigen Gemeinden, die noch Geld in der Kasse haben. Der Haushalt, auch der aktuelle, ist ausgeglichen. Die Steuerkraft liegt bei rund 764 Euro pro Einwohner (Landesdurchschnitt: 410 Euro). Dass es der 700 Einwohner zählenden Gemeinde so gut geht, liegt an den hohen Gewerbesteuereinnahmen (mehr als 300 000 Euro) und an den Einnahmen aus dem Verkauf von Kiesabbaurechten. Mit den 550 000 Euro daraus hat Niersbach eine Stiftung gegründet, mit deren Hilfe unter anderem private Dorferneuerungsprojekte gefördert werden. Die Förderung der Abrisse soll aus dem gleichen Topf erfolgen. Dorferneuerungsprogramme hält Krumeich prinzipiell für eine gute Sache, allerdings kritisiert er die Vorgaben als zu eng. Neubauten mit dorfgerechter, aber auch moderner Architektur sollten seiner Ansicht nach gefördert werden. Ein Abriss kann innerhalb der Dorferneuerung nur bezuschusst werden, wenn es sich um ein Haus in einer Häuserzeile handelt.

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