Luftig leichte Linien

WITTLICH. Allein 59 Bücher aus Himmerod, vor allem die des Paters Stephan Reimund Senge, hat sie illustriert, und am Wochenende zeigt sie Graphiken zum Thema "Tanz und Musik" im Weingut Lütticken: Ursula Hess’ Arbeiten erreichen ein großes Publikum. Sie selbst agiert aber lieber im Hintergrund.

"Deine Stärke ist die Vielseitigkeit", hat ihr einmal eine Freundin gesagt. Buchillustrationen, Kunst am Bau, freie Grafikarbeiten, Entwürfe für Postkarten, Kalender, Plakate, Schaufenster-Dekorationen. Es stimmt. Die Arbeiten der Wittlicherin sind vielfältig. Alle zeugen von Neugier auf Neues und einer Passion zum Gestalten. Dabei fußt die scheinbar spielerische Leichtigkeit ihrer Werke auf der Beherrschung der Technik, oder wie sie sagt: "Es muss eine Basis da sein, dann kann man locker werden." Statt alles bildhaft "zu Ende zu erzählen", legt Hess lieber Spuren, deutet an und lässt damit dem Betrachter Spielraum. "Ich reduziere und abstrahiere", sagt sie. Trierer Werkschule, Arbeit in Druckereien und Verlagen, Modegrafik in München, Lithografie in Salzburg und Paris, eigene Werkstatt, Bühnenbild, Besuch der europäischen Akademie Trier, Abstecher nach New York - bunt sind die Bausteine ihrer Vita, die zum Fundament ihrer künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten geworden sind, auch wenn sie selbst das Wort "künstlerisch" sicher gerne gestrichen hätte: "Ich habe nirgendwo einen Abschluss gemacht. Schulen sind nützlich für die Grundlagen, aber man lernt nur in der Praxis", sagt sie im Rückblick: "Ich kam vielfach zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle an und habe von den Menschen, die ich kennen lernen durfte, unheimlich profitiert. Ich kann dankbar sein für die Chancen, die mir geboten wurden." Den Bitburger Architekten Emmerich, das Ehepaar dell' Antonio nennt sie unter vielen anderen als Wegbegleiter und Türenöffner in der Region. Ein Sonnenstrahl aus dem Sudan

Sie kann aber im gleichen Atemzug von Oskar Kokoschkas Methode, über Lautsprecher Studenten zu lehren, über die Münchner Szene am Residenztheater oder den Kammerspielen erzählen oder vom Glück berichten, in Paris im Schlepptau einer Mitbewohnerin, die für die Deutsche Presseagentur arbeitete, Vernissagen nebst tollem Buffet erlebt zu haben. "Ich habe alles aufgesogen, was geboten wurde. Das Kulturprogramm hat mich fast mehr interessiert, als in der Akademie Steine für die Lithografien zu schleifen." Ihre Mutter gab ihr mit auf den Weg: "Pass auf deine Hände und Augen auf." Das hinderte sie nicht, in der Wittlicher Synagoge ihre Schwindelfreiheit zu testen, als sie auf spärlichem Gerüst "Renovierungsarbeiten", wie sie es nennt, erledigte, sprich monatelang die komplette Apsis originalgetreu im Dekor bemalte. Überhaupt scheint Ursula Hess ein Mensch ohne Allüren zu sein, auch was die Arbeiten betrifft, die sie noch besitzt: "Was soll man alles aufheben. Ich mache nichts für die Ewigkeit. Ich verkaufe die Skizzen zu Senges Büchern zugunsten der Sudan-Hilfe von Pater Stephan." Zu ihren Illustrationen von dessen Büchern sagt sie: "Ich sehe sie als Stopper zwischen den Texten. Auch versuche ich, ein wiederkehrendes Motiv mit Symbolkraft zu finden." In "Türklopfer bei Nacht" ist es ein sattgelber Streifen: "Das ist ein Sonnenstrahl aus dem Sudan. Aber ich möchte die Illustration so offen halten, dass der Leser die Möglichkeit hat, eigene Vorstellungen zu entdecken." Die Ausstellung der Grafiken von Ursula Hess zum Thema "Tanz und Musik" ist im Rahmen des Wein & Gourmet Festivals im Wittlicher Weingut Lütticken am 22. und 23. April.

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