Madonna statt Millionenerbe

MORBACH. Als Erbe der gleichnamigen Kühlschrank-Dynastie war sein Lebensweg vorgezeichnet. Doch statt in die Fußstapfen seines Vaters zu treten, organisiert Hubert Liebherr heute Pilgerfahrten und baut Kirchen.

 Der Besuch der Kirche durfte beim Besuch von Hubert Liebherr in Morbach nicht fehlen. Das Foto zeigt ihn auf den Treppenstufen der St.-Anna-Kirche.Foto: Ilse Rosenschild

Der Besuch der Kirche durfte beim Besuch von Hubert Liebherr in Morbach nicht fehlen. Das Foto zeigt ihn auf den Treppenstufen der St.-Anna-Kirche.Foto: Ilse Rosenschild

HubertLiebherr, 52, hat einen offenen Blick und ein jungenhaftesLachen. Ein Mann mit dem Aussehen eines Studienrates, von dem manbedenkenlos einen Gebrauchtwagen kaufen würde. Doch das, wasLiebherr in Morbach rund 150 Leuten aus seinem Leben erzählt, hatmanchen an seinem Geisteszustand zweifeln lassen. Seine Frau, vonder er im übrigen getrennt lebt, hat sogar verlangt, dass er sichauf seinen Geisteszustand untersuchen lässt. Der Grund: Liebherrschlug als Spross einer Industriellenfamilie ein Millionenerbeaus, um sich ganz seinem Glauben zu widmen. Autounfall wirft ihn aus der Bahn

Der Vater legte in den 50er Jahren den Grundstein für das heute weltweit operierende Unternehmen. "Wir wurden in einer Zwei-Zimmer-Holzbaracke groß", erzählt Liebherr, der vier Geschwister hat. In einem weiteren Zimmer, das angebaut wurde, hatte der erste Konstrukteur seinen Zeichentisch. Die Kindheit war religiös geprägt: "Es gab keine Mahlzeit ohne Tischgebet." Doch später "hatte der liebe Gott keinen Platz in meinem Herzen." Die Eltern stellten den Kindern frei, ob sie später in die Firma eintreten wollten. Doch für den jungen Hubert war das klar: "Wir wuchsen zwischen den Maschinen auf." Mit dem Firmenlabel Liebherr verbindet man bis heute Kühlschränke, doch die Firma hat eine breite Produktpalette vom Fahrzeugkran bis zur Flugzeugausrüstung. Keine Frage, dass er nach seinem Studium in die Firma eintrat. Ein Autounfall warf ihn aus der Bahn, ein Unfall, "wie er nie hätte passieren dürfen". An einer Kreuzung stand ein Fahrzeug am Stoppschild und fuhr los, als Liebherr sich näherte. Beide Autos waren Schrott, beiden Fahrern wurde kein Haar gekrümmt. Wenig später machte Liebherr seine erste Wallfahrt, nach Fatima mit einem zweisitzigen Flugzeug, das er selbst flog. Später gab er ein Aktienpaket zurück, das der Vater bereits auf ihn überschrieben hatte. Ein Fünftel der Aktiengesellschaft war auf ihn überschrieben, einer Gesellschaft mit einem Buchwert von 500 Millionen Schweizer Franken. Heute bestimmt der Glaube sein Leben. Er organisiert Pilgerfahrten nach Medjurgorje, einem Wallfahrtsort dessen Marienerscheinungen im übrigen vom Vatikan nicht anerkannt werden.

Doch seinen Beruf hat er nicht ganz an den Nagel gehängt. Bisher baute er in Zusammenarbeit mit "Renovabis" in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion 25 Holzkirchen. Im ukrainischen Piski entsteht derzeit das erste ökumenische Projekt: ein Gotteshaus für die russisch-orthodoxe Kirche. "Wer hätte gedacht, dass meine Fähigkeiten als Bauingenieur im Reich Gottes gebraucht werden", schmunzelt er.

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