Mal anders hören

WITTLICH. Nicht chronologisch geordnet, sondern mutig von einem Jahrhundert ins andere springend, präsentierte der Luxemburger Organist Paul Breisch seine Stücke beim Cross-Over der Künste in St. Bernhard.

Gar nicht so einfach, auf einer fremden Orgel, die noch dazu den norddeutschen Charakter ihres Erbauers nicht verleugnen kann, alte französische Komponisten so wiederzugeben, dass denen das Spiel gefallen hätte. Paul Breisch ist dieses Kunststück in Wittlich gelungen, urteilt einer, der es wissen muss. Immerhin ist Reinhold Schneck, der mit seinen Orgelfreunden den Kontakt nach Luxemburg knüpfte, ein Kollege Breischs, und zwar ein ziemlich leidenschaftlicher, wie sein Einsatz am Nachmittag vor dem großen Konzert zeigte. Mit drei Kurzkonzerten in St. Markus an der noch verpackten großen Orgel, an der Pfeifenorgel im Seniorenheim St. Wendelinus und an der "mitgeschleppten" Truhenorgel im Georg-Meistermann-Museum machte er den Freunden der Orgelmusik sozusagen Appetit auf die abendlichen "Zeitensprünge" des preisgekrönten Breisch. Der ist eindeutig geprägt vom Einfluss französischer Komponisten, studierte viele Jahre in Frankreich, weshalb die Namen auf dem Programm nicht verwunderten. Nicolaus Bruhns, Jean-Adam Guilain oder Francisco Correa de Arauxo sind bekannte Vertreter ihrer Zunft, denen gerecht zu werden auf der jungen Bernhardsorgel gar nicht so leicht ist. Doch Breisch hat seine zahlreichen Preise nicht umsonst bekommen. Zweimal war er zuvor in Wittlich, hatte sich mit dem Instrument vertraut gemacht, das schließlich keine riesige Konzertorgel mit schier unbegrenzten Möglichkeiten ist. Sehr geschickt hatte Breisch sein Programm zusammengestellt: Es blieb äußerst spannend in der Kirche, besonders dann, wenn er zwischen den alten Meistern zu den teilweise ganz unbekannten modernen Komponisten überging. Schwebend und gluckernd wie aus einer Unterwasserwelt kamen da manche Töne des 1939 geborenen Jean-Pierre Leguay daher; wie verirrt und nach sich selber suchend wirkten andere des erst 1962 geborenen Vincent Paulet: Stücke mit schrägem, ungewohntem Klang zumindest für Ohren, die Orgelmusik oft nur aus der christlichen Liturgie kennen. Das sei jedoch einzig eine Frage der Hörgewohnheit, meinte Schneck. Die seltene Chance, das Erfahrungsspektrum ihren Ohren zu erweitern, hatten allerdings nur wenige Interessierte genutzt. Nur knapp 30 Zuhörer lauschten den "Zeitensprüngen" von Paul Breisch, einem hervorragenden Techniker an diesem hochkomplizierten Instrument. Die allerdings, die den Weg gefunden hatten, waren begeistert von seinem Konzert und forderten eine Zugabe, für die er sich in de Arauxo einen bewährten Komponisten aussuchte. Im Übrigen fand zwar auch Breisch die geringe Resonanz ein wenig schade, ließ sich dadurch jedoch keineswegs frustrieren: Als Organist trägt man seine hohe Kunst ohnehin nicht Aug in Aug mit dem Publikum vor. Ob 30 oder 300 Menschen, das änderte nichts an seinem Einsatz.

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