Mathe unter Bäumen

OSANN-MONZEL/SALMTAL. (peg) Mathematik unter freiem Himmel, mit Schülern, die nicht murren? Seltsam, aber wahr. Eine Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Schule Salmtal verbrachte einen Tag im Wald und lernte allerlei rund um den nachwachsenden Rohstoff Holz.

Von einem Schulfach namens "Waldmathematik" haben sicher die wenigsten je gehört. Hätten allerdings die Verantwortlichen für Lehrpläne das Vergnügen gesehen, das die Jungs von der Regionalen Schule Salmtal im Wald hatten, sie würden es wohl ganz schnell verpflichtend einführen. Denn bei Alois Meyer und Max Merrem bewahrheitete sich der Satz: Nicht für die Schule, nein, für das Leben lernen wir. Meyer, Förster im Revier Klausen und Gründer des Vereines Ökologo, hat sowieso ein Steckenpferd für das, was längst als "Waldpädagogik" einen festen Platz im Jahresablauf von Kindergärten und Grundschulen erobert hat. Merrem hatte am Projekttag den Job übernommen, den Teilnehmern der Arbeitsgemeinschaft zu zeigen, was der nachwachsende Rohstoff Holz alles hergibt. In der Regionalen Schule wird nämlich in Kürze mit dem Bau einer Holz-Hackschnitzel-Heizung begonnen, die mit einer Leistung von 400 Kilowattstunden zusätzlich mehrere andere Gebäude mitversorgen soll. Die AG dokumentiert nicht nur den Bau dieser Anlage, sondern lernt in einem Zuge vieles über das Umfeld des endlichen Rohstoffes Öl und der heimischen und nachwachsenden Alternative Holz. Wenigstens grob wollen sie ermitteln, wie viel Holz pro Jahr in der Hackschnitzel-Heizung gebraucht wird und wie sich der Verbrauch sowohl mengenmäßig und finanziell im Vergleich zum Öl als Brennstoff darstellt. Die Mathematik des Waldes hat entscheidende Vorteile: Sie findet nicht auf dem Papier statt; man kann sie sozusagen anfassen. Merrem lässt jeden der 15- und 16-jährigen Jungs einen Stock aufheben. Unter dem Motto "Ich bin mein Maßstab" notieren sie zunächst die eigene Schrittlänge, Brust- und Augenhöhe, sehen nach, wie dick ein Baum ist, den sie ganz umfassen können. Dann geht es an die Baumhöhenmessung nach dem Strahlensatz, den Stock immer im Anschlag. Noch genauer funktioniert die Messung der Baumhöhe mit Hilfe der Trigonometrie. Was sie in der Schule eher stöhnen lässt, macht hier richtig Freude - der praktische Nutzen liegt ja auch klar auf der Hand. Jörg Kühnel, Leiter der AG und in Salmtal Mathe- und Physiklehrer, hält sich weitgehend zurück, lässt Meyer und Merrem machen, die unbestritten ein glückliches Händchen mit den Jungs haben. Auf einer Lichtung werden gerade Douglasien gefällt, es duftet im ganzen Wald. Dennoch: Achtung, zurücktreten, Sicherheitsabstand beachten! "Wenn so ein Baum fällt, wird er immer länger", scherzt Meyer.Schüler vermessen gefällte Bäume

Als kurz Ruhe bei den Waldarbeitern herrscht, kommt die Gruppe näher. Thomas misst mit der Kluppe, der Schieblehre für Förster, eine bereits gefällte Douglasie ab. An sämtlichen Markierungen wird abgelesen. "Wir nähern uns rechnerisch der Realität, indem wir alle zwei Meter den Durchmesser messen", sagt Merrem. Lauter kleine Zylinder also. Da kommt Leben in die Mathematik, die Jungs sind interessiert, konzentriert, keiner stört, keiner plappert dazwischen. Auch Kühnel ist begeistert. Der Projekttag ist nur ein Baustein des Gesamtkonzeptes "ökopädagogische Arbeit". Die AG wird ja auch den Bau der neuen Hackschnitzelheizung dokumentieren. Eine der Förderbedingungen für beantragte EU-Gelder lautet: Die Anlage muss ins pädagogische Konzept der Schule eingebaut werden. Eine andere: Das Holz muss dort wachsen, wo es verbrannt wird. Beides verwirklicht Salmtal gerade auf vorbildliche Art und Weise.

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