Mehr als 5000 Gefangene in 25 Jahren beraten

WITTLICH. Als erste externe Drogenberatung für Strafgefangene im Land leistete die Wittlicher Caritas Pionierarbeit. Vieles hat sich in den 25 Jahren ihres Bestehens verändert: Die Fallzahlen steigen stetig, der Einzelfall wird immer problematischer.

Gibt es für die Drogenberater im Gefängnis ein eigenes Büro? Wie weit geht die Schweigepflicht? Das waren Fragen der ersten Zeit der Externen Drogenberatung der Caritas in Wittlichs Strafanstalten. "In den ersten Jahren, das war ein Kampf", sagt Sozialarbeiterin Sabine Wetzorke. Kein Wunder. Die Wittlicher Caritas nahm vor 25 Jahren einen Vorreiter-Posten ein. Sie war die erste Einrichtung in Rheinland-Pfalz, die externe Drogenberatung in Gefängnissen anbot. Bundesweit stieg damals nur noch Hessen in diese Art der Beratung ein. Heute hingegen verfügen alle rheinland-pfälzischen Knäste über sie. Die Vorteile der externen Beratung liegen für die Wittlicher Sozialarbeiterinnen Sabine Wetzorke und Helga Ritz auf der Hand: Jemand, der von außen komme, habe im Vergleich zu Internen einen Vertrauensvorschuss. Das hat auch mit den Grundsätzen der Externen zu tun: Für ihre Arbeit mit den Gefangenen gilt das Zeugnisverweigerungsrecht und die Schweigepflicht, die nötig ist, um die für einen Beratungsprozess nötigen Bedingungen wie Offenheit und Vertrauen herzustellen. In Einzel- und Gruppengesprächen versuchen die Beraterinnen, bei den abhängigen Inhaftierten die Krankheitseinsicht zu fördern und einen Veränderungsprozess einzuleiten. Hauptaufgabe der beiden ist es, Abhängige in geeignete Behandlungsformen außerhalb des Strafvollzugs zu vermitteln. Die Gefangenen melden sich freiwillig zur Therapie. Für die Beraterinnen heißt es dann, auszuloten, wer wirklich abhängig und für eine Therapie motiviert ist. Ritz: "Die Therapie erscheint den Gefangenen zunächst oft annehmbarer als der Knast, doch die Motivation ‚nur raus aus dem Knast‘ trägt nicht lange. Dafür ist der Weg zu lange und zu mühsam." Hilfen bei Behördenkontakten, die Kooperation mit Justiz, Kostenträgern, Fachkliniken, Anwälten, Angehörigen und anderen Beratungsdiensten gehören ebenfalls zur Tätigkeit der Beraterinnen. "Therapie statt Strafe" und "Hilfe zur Selbsthilfe" sind dabei die Grundsätze.Enormer Bedarf an Therapien

Der Bedarf an Therapien ist enorm. 50 Prozent der Gefangenen, so wird geschätzt, haben ein Suchtproblem. In Wittlich wurden seit Bestehen der externen Drogenberatung 5050 Inhaftierte beraten, 1000 Klienten wurde in eine Therapie weiter, vermittelt. Die Drogen, um die es dabei geht, sind laut Ritz und Wetzorke heute vor allem Heroin und Kokain. Und die Erfolgsquote? 50 bis 60 Prozent der Erwachsenen und Jugendlichen schließen ihre Therapie ab, die übrigen brechen sie ab oder werden wegen Regelverstößen ausgeschlossen. Ritz: "Auch außerhalb des Gefängnisses ist die Abbruch-Rate ähnlich. Das Gefängnis ist da ein Spiegel der Gesellschaft." In den 25 Jahren, die die externe Drogenberatung in Wittlich besteht, hat sich viel geändert. Die Fallzahlen steigen stetig. Dies spiegelt nach Meinung der Beraterinnen zum einen gesellschaftliche Entwicklungen wider, zum anderen hänge dies aber auch mit der verstärkten Ermittlungstätigkeit und den höheren Strafen auf dem Gebiet der illegalen Drogen zusammen. Weiter steigen werden die Zahlen auch mit der geplanten Erweiterung des Gefängnisses um 660 Haftplätze. Außerdem werden die Einzelfälle für die Beraterinnen, die zusammen 46 Stunden pro Woche in der externen Beratung tätig sind, immer problematischer. Einige Gründe: Grundlegende soziale Kompetenzen fehlen, der Einstieg in die Sucht erfolgt immer früher, Intergrationsprobleme aufgrund von Migration. Doch zumindest in einem Punkt hat sich die Arbeit der externen Beratung, die in einer Klientenbefragung 2003 gute bis sehr gute Noten bekam, positiv verändert. Die Kämpfe mit der Gefängnisleitung aus den Anfängen sind längst Geschichte. Das Büro im Knast ist eine feste Einrichtung und die Zusammenarbeit laufe gut, das sei nicht selbstverständlich, so Ritz und Wetzorke.

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