Mehr als nur eine Silvesterlaune

BRAUNEBERG-FILZEN. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Winzer auch Tüftler sind. Die Verbindung, die Alfons Prüm herstellte, ist allerdings etwas ganz Besonderes und Einmaliges.

Wie muss ein Korkenzieher beschaffen sein? Der Korken muss gut rauszuziehen sein - das ist Grundvoraussetzung. Ansonsten sollte er handlich sein und in eine Schublade oder in die Hosentasche passen. Technisch funktioniert der Korkenzieher, den Alfons Prüm benutzt, hervorragend, handlich ist er aber nicht, und in eine Schublade oder Hosentasche passt er schon gar nicht: Das Gerät ist 1,25 Meter hoch und wiegt zwölfeinhalb Kilo. Entstanden ist der Korkenzieher aus einer Silvesterlaune heraus - allerdings mit durchaus ernstem Hintergrund. Alfons Prüm fertigte ihn für einen Mann, der unter Kinderlähmung litt und deswegen seine Hände nur noch eingeschränkt einsetzen kann. Die Geschichte beginnt allerdings mit einem befreundeten Ehepaar aus Wuppertal, das sich vor etwa 20 Jahren in der Nachbarschaft ein Haus gekauft hat und oft an der Mosel weilt. "Die beiden sammeln Korkenzieher", erzählt Prüm. "Und ich hatte versprochen, ihnen einen Korkenzieher herzustellen, den es noch nirgends gibt." Allerdings habe er die Sache dann wieder aus den Augen verloren.Ein Versprechen mit Folgen

Jörg Heege ist Lehrer und er hat einen Kollegen, Hans Dietrich Dammann, den Mann der an Kinderlähmung litt. Die beiden erkannten eines Tages, das sie Weinfreunde sind. Und so kamen auch die Dammanns in Kontakte zu den Prüms. "Silvester 2000 habe ich ihnen versprochen, einen Korkenzieher herzustellen, der nur mit den Füßen zu betätigen ist", erzählt Prüm. Auf dem Nachhauseweg musste er sich dafür Vorwürfe von Ehefrau Marlies anhören: "Wie kannst Du dem Mann das versprechen?!" "Doch ich wusste da bereits, wie das funktioniert", sagt Prüm. Mit Eisenabfällen, die der Tüftler in seiner Werkstatt fand, fertigte er das Monstrum. Wichtigste Teile: Pedale mit denen er die Weinflasche einklemmt und wieder löst, mit denen er die Spindel in den Korken drückt und wieder herauszieht. Arbeitsaufwand für das erste Exemplar: "400 Stunden." Im August 2001 war Hans Dietrich Dammann Besitzer des vielleicht größten Korkenziehers der Welt. Fünf weitere Geräte, alle handgefertigt und damit Unikate, konstruierte Prüm noch: zwei für die beiden Töchter, die mit Winzern verheiratet sind, eines für die Familie Heege, eines für sich und eines für einen Korkenzieherverein. Weil Prüm nach Fertigstellung des ersten Korkenziehers wusste, wie es funktioniert, musste er nur noch jeweils 40 Stunden aufwenden.Korkenzieher bereichert eine Ausstellung

Der Kontakt zu dem Verein kam auf besondere Weise zustande. Im Juli 2003 wurde im Rheinischen Industriemuseum Solingen die Ausstellung "KorkundZieher" eröffnet (sie läuft bis 4. Juli 2004). Die Dammans, wohnhaft in Solingen, lasen davon und fragten die Heeges, ob sie ihren Korkenzieher dafür nicht zur Verfügung stellen wollten. Schließlich braucht Hans Dietrich Dammann den Korkenzieher ja selbst. Gesagt - getan. Der Prümsche Korkenzieher kam leihweise ins Museum, dort sah ihn ein Vertreter des Korkenzieher-Vereins und kontaktierte Alfons Prüm. Ein anderer Betrachter der Ausstellung hat einen Videofilm über Alfons Prüm produziert. Prüm selbst hat, auf Wunsch der Organisatoren, mit seinen beiden Schwiegersöhnen Mitte Februar in dem Museum eine Weinprobe abgehalten. Ihr Mann sei ein "100-prozentiger Winzer", sagt Ehefrau Marlies. Seit er 1992 den Betrieb übergeben habe, sei der mittlerweile 74-Jährige auch ein "100-prozentiger Tüftler". "In unserem Betrieb wurde immer schon experimentiert", sagt sie. "Allerdings nicht mit Risiko", sagt der Ehemann. Er habe sich für das interessiert, was im Weinberg passiert (Rebenerziehung, Zeilenabstand oder Spritzung) und mit entsprechenden Stellen zusammengearbeitet. Getüftelt hat er aber immer schon. Aus einem alten Autogetriebe hat er ein Mulchgerät konstruiert. Und für seine Enkel hat er ein Kettcar gebaut, mit dem sie auch noch als Erwachsene fahren können.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort