Mehr als nur vergesslich

BERNKASTEL-WITTLICH. Auf drei Jahre ist ein Modellprojekt für demenzkranke Menschen im Kreisgebiet angelegt. Besondere Zielgruppe: jene, die noch allein in ihren Wohnungen leben.

Bisher hat das Projekt, das sein Augenmerk auf die alleinlebenden Demenzkranken im Landkreis richtet, lediglich einen Arbeitsnamen: "Demenzprojekt" heißt es schlicht auf dem Schild im Haus der Vereine in der Kasernenstraße, wo Margret Brech in den letzten Tagen des alten Jahres Quartier bezogen hat. Auch das Büro von Anne Hees-Konrad finden die Bürger nun im Haus der Vereine: Die Leiterin der Beratungs- und Koordinierungsstelle (Beko) der Caritas hat die Konzeption des Demenzprojektes entworfen und beim Ministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Gesundheit eingereicht. Der Kreis Bernkastel-Wittlich bekam den Zuschlag für das auf drei Jahre laufende Projekt. Für diesen Zeitraum ist die Finanzierung zunächst gesichert. Brechs Ziel ist jedoch die Aufrechterhaltung der ambulanten Versorgung von Demenzkranken auch über diesen Zeitraum hinaus. Denn Demenz ist eine große Herausforderung an die ganze Gesellschaft, die zunehmend älter wird. Die Demenz schleicht sich ein. Misstrauen gegenüber anderen und Aggressionen gegenüber der eigenen Vergesslichkeit sind Indizien, oft auch Depressionen oder eine extreme Rastlosigkeit im Anfangsstadium, wenn der Betroffene erkennt, was mit ihm geschieht. "Viele ignorieren die Demenz, negieren die Symptome", berichtet Diplom-Sozialarbeiterin Margret Brech, die sich seit langem mit diesem Thema beschäftigt. Wer im Kreis der Familie lebt, könne noch eine ganze Weile aufgefangen werden, sagt sie. Schwieriger sei es für jene, die allein oder nur mit dem Partner in einer Wohnung leben. Selbst an die tägliche Nahrung müsse die Kranken einer erinnern. Brech: "Unbetreute Demenzkranke verdursten und verhungern am Ende." Moderne Geräte erleichtern das Leben im eigenen Heim

Den Schwerpunkt ihres ambulanten Angebots sieht sie in Bernkastel-Kues und Wittlich, wo spezielle Wohnanlagen für alte Menschen existieren. Die moderne Technik erleichtert es den Menschen, im eigenen Heim zu bleiben: Hausnotrufgeräte, Wassermelder am Boden, Rauchmelder über den Öfen und eingebaute Zwischenschalter gewährleisten einen hohen Grad an Sicherheit. Doch das "Sich-Kümmern" bleibt wichtig. Zum Beispiel die Biografie- und Erinnerungsarbeit. Besonders für diesen Part benötigt Brech die Mitarbeit von Ehrenamtlichen. Etwa fünf Stunden pro Woche müssten sie in ihre Aufgabe investieren. Verbindliche Patenschaften für eine bestimmte Person sind denkbar, die ganz in der Nähe wohnt und vielleicht persönlich bekannt ist. "Unsere Ehrenamtlichen werden geschult und begleitet", sagt Brech. Spaziergänge, Arzt- und Cafébesuche gehören zu ihren Aufgaben. Für die Klienten ist die Betreuung durch das Demenzprojekt kostenlos. Brech bittet Ärzte, Gesundheitsamt, Familienangehörige und Betroffene, sich an sie zu wenden. "Mein Angebot richtet sich ausdrücklich nicht erst an die, denen der Arzt ihre Demenz schwarz auf weiß bestätigt hat."

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