Mit Schere und Orgel

Graach · Graach Ist Franz Heil ein musizierender Friseur oder ein Haare schneidender Musikant? "Ich hätte gerne Musik studiert, aber das Geld war nicht da", sagt er. Das war Anfang der 1950er Jahre.

 Franz Heil schneidet auch mit fast 80 Jahren immer noch Haare – zum Beispiel die von Julius Weber. Im Hintergrund ist die Orgel zu sehen, die einen wichtigen Platz im Leben von Franz Heil einnimmt. TV-Foto: Clemens Beckmann

Franz Heil schneidet auch mit fast 80 Jahren immer noch Haare – zum Beispiel die von Julius Weber. Im Hintergrund ist die Orgel zu sehen, die einen wichtigen Platz im Leben von Franz Heil einnimmt. TV-Foto: Clemens Beckmann

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Heil entschied sich, die Friseurtradition in der Familie fortsetzten. Sein Urgroßvater begann 1870 als Haarschneider in Graach. Heils Großvater übernahm den Betrieb. "Er hatte die erste elektrische Haarschneidemaschine in der Region", berichtet der Enkel.
Der begann 1951, mit 14 Jahren, seine Ausbildung im Nachbarort Wehlen. "25 Mark gab es im ersten Lehrjahr monatlich", erinnert er sich. 66 Jahre später ist er immer noch aktiv. Den Betrieb führt zwar Tochter Stefanie, doch Vater Franz bedient donnerstags- und freitagsmorgens sowie samstags ältere Kunden, die immer nur den musikalischen Friseurmeister an ihre Haare ließen. Dass er am 80 Jahre alt geworden ist, ist ihm nicht anzusehen. Einer seiner Kunden ist Julius (Uli) Weber. Seit wann schneidet Franz Heil ihm die Haare? "Seit ich Kind war", antwortet der Mann. So ganz kann seine Antwort allerdings nicht stimmen, denn er ist nur drei Jahre jünger als der Friseur. Weber hält sich mit dem Bau von Weihnachtskrippen fit. Franz Heil hat wahrscheinlich die Musik jung gehalten.
1951 trat er auch dem Musikverein seines Heimatortes bei und spielte fortan Trompete. Später übernahm er 31 Jahre lang die musikalische Leitung. Ab und an dirigiert er das Orchester immer noch. Heils musikalisches Leben ging über Graach hinaus. Er war Mitglied der Tanzkapelle "Moselsterne". Die fünf Musiker waren zwischen Trier und Köln bekannt. Auch das Mittelmosel-Tanzorchester ist mit dem Namen Franz Heil verbunden. Der Friseurmeister spielte außerdem in den drei Kapellen mit, die extra gegründet wurden, um auf jeweils dreiwöchige Auslandsreisen zu gehen: nach Brasilien, Japan und Argentinien.
Das alles fiel in Phasen, in denen ihn auch der Beruf forderte. Den Betrieb übernahm er bereits 1964 - im Alter von 27 Jahren. "Mein Vater hat sich ab da um die Weinberge gekümmert", erzählt er. Der Sohn baute den Betrieb aus, beschäftigte teilweise sechs Leute. Er war in der Innung aktiv - unter anderem als Lehrlingswart. Neun Jahre lang unterrichtete er zudem an der Berufsschule den Friseurnachwuchs. Die Goldene Hochzeit mit Ehefrau Helga hätte auch als Silberhochzeit gefeiert werden können. "Denn ich war oft weg", sagt er. Innerhalb des Betriebes habe es aber nie Ärger gegeben, und er sei auch als Chef und Lehrer sehr beliebt gewesen. Über den Friseurberuf zu reden, kannspannend sein. Mit Franz Heil über die Musik zu sprechen, ist aber spannender. Er sucht mehrere Liederbücher heraus, in denen Mosellieder verzeichnet sind. Die wenigsten davon dürften der breiten Öffentlichkeit bekannt sein. Er habe das Liedgut auch anderen Dirigenten ans Herz gelegt. Die Resonanz stellt ihn allerdings nicht zufrieden. Aber auch hier tun sich noch Möglichkeiten auf.
Heil möchte noch möglichst lange Haare schneiden. Und die Musik soll ihn auch weiter begleiten. Bester Beweis dafür ist die im Friseursalon stehende Orgel, an der er regelmäßig übt.

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