Mit dem Bus zum Buckingham Palace

WITTLICH. Englisch in einer Alltagssituation hören, verstehen und antworten: Im doppelstöckigen Bus samt einem leibhaftigen Fremdenführer aus London bekamen rund 500 Kinder aus dem Kreis Lust auf die ihnen noch eher unbekannte Sprache.

 Eine Stunde lang Engländer spielen: In einer vorbildlichen Schlange stehen die Schüler der 3a vor dem knallroten Bus an, bevor es auf eine virtuelle Sightseeing-Tour durch London geht. Foto: Petra Geisbüsch

Eine Stunde lang Engländer spielen: In einer vorbildlichen Schlange stehen die Schüler der 3a vor dem knallroten Bus an, bevor es auf eine virtuelle Sightseeing-Tour durch London geht. Foto: Petra Geisbüsch

"What is your name?", fragt der Busfahrer und Reiseleiter Aaron. "Julia", antwortet die Drittklässlerin. "Oh, I want to be your Romeo!" schmachtet er sie an. "Look, kids, today we have here, Mister Michael Jackson!" ruft der Engländer, als Michael sein Ticket in Empfang nimmt und in den feuerroten Doppeldeckerbus einsteigt. Hinter ihm stehen die anderen Schüler der Klasse 3a und bilden eine lange Reihe, wie das in England und heute auf dem Jahnplatz üblich ist, die Kleinsten nach vorne, die Größten dahinter. Die Klasse von Roland Rohring besucht den OKAY-Bus, der eine Woche lang der an der Grundschule Jahnplatz Station macht und insgesamt rund 500 Grundschülern die einzigartige Gelegenheit bietet, die englische Sprache und ein Stück England zu erleben. Finanziert wurde das Projekt vom Domino-Verlag und dem Verband Bildung und Erziehung VBE. Vermittelt wurde das Ganze auch noch von einem britischen Schauspieler Aaron Bixley, der alle im Handumdrehen zum Lachen bringt. Auf englisch, versteht sich. Die Klasse 3a hat zwar schon ein bisschen Unterricht in dieser Sprache genossen, aber so richtig durchkommen auf der Insel würde damit noch keiner. Um so erstaunlicher, wie schnell und scheinbar problemlos Aaron Bixley sich den Kindern verständlich macht. Er spricht langsam, deutlich und freundlich, und er ist neugierig auf seine kleinen Gäste. Aaron hat alle Herzen auf seiner Seite, schon bevor die Kinder zugestiegen sind und per Fernbedienung sogar die blassen Fahrgäste aus Madame Tussauds Wachsfigurenkabinett lebendig werden. Da bellt ein Hund, und nach viel Spektakel entdecken sie ihn in der Tasche auf dem Schoß der Dame in Wachs - die mit dem obligatorischen Hut. Hinauf geht es endlich in den zweiten Stock, dessen Dach für die deutschen Straßen niedriger gemacht wurde. Schwierig für einen Erwachsenen. Aber Aaron kennt das ja, klemmt sich vorne neben das virtuelle Frontfenster, durch das nun ganz London per Film an den Kindern vorbeizieht, und spielt souverän den kundigen Reiseleiter. Wer eine Sehenswürdigkeit wie Big Ben oder den Palast der Royals erkennt, darf die Klingel betätigen, und prompt stoppt der Bus. Keiner der kleinen Passagiere sitzt unwissend im Bus: In den vorangegangenen Tagen haben sie im Unterricht Karten betrachtet, Gebäude studiert und sich über die britischen Gepflogenheiten informiert. Alles funktioniert, ohne dass ihr Klassenlehrer auch nur ein einziges Mal übersetzend eingreifen musste. Welch ein Erfolgserlebnis für die Knirpse: Nach einem halben Jahr englisch - eine Stunde wöchentlich - haben sie irgendwie die aufregende Situation "Busfahrt in London" gemeistert.Später erzählt Abdul, dass er die Sightseeing-Tour am besten fand. Sarah und Christopher mochten besonders Aarons Einlage mit dem bellenden Hund, den sie alle suchen durften - der gehört schließlich wirklich nicht in einen Bus! Lust haben sie bekommen auf das Englischlernen; der Respekt vor der fremden Sprache ist einer großen Neugier gewichen. Aaron Bixley und Roland Rohring haben sich angefreundet in der vergangenen Woche. Um so mehr kann der Konrektor der Jahnplatzschule den Ärger mitempfinden, den der Gast von der Insel fühlt. In der Nacht zum Donnerstag haben Randalierer die Abstandhalter im Frontbereich des Busses abgeschnitten und mitgenommen - schlecht für das Image der Säubrennerstadt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort