Mit der Kittelschürze zum Einkaufen

ZELTINGEN-RACHTIG. Die einen eilen mit Kittelschürze ins Geschäft, die anderen kommen mit dem Auto oder dem Fahrrad, um ihre Einkäufe in Albert Gansens Dorfladen zu machen. Vor zwei Jahren hatte er den Idealismus, wieder einen Laden im Moselort zu eröffnen.

Dort, wo vorher ein Tante-Emma-Laden seine Pforten geschlossen hatte und die Ladenräume lange leer gestanden hatten, eröffnete Konditor Gansen den Rachtigern wieder die Möglichkeit, "vor der Haustür" einzukaufen (der TV berichtete). Das reichhaltige Sortiment des Dorfladens wird sowohl von Einheimischen, Kunden aus den Nachbarorten als auch Touristen gleichermaßen angenommen. "Wenn ich heute zurückblicke, bin ich froh über die Entscheidung", sagt Alli, wie ihn alle nennen. "Es war ein Risiko, aber es hat sich gelohnt", sagt er. Am Anfang waren die Euphorie und die Neugier bei den Kunden groß, dann kam eine Durststrecke, nach der es aber stetig bergauf ging. Man müsse einem solchen Angebot einfach Zeit einräumen, damit es sich etablieren kann, erklärt Gansen. Der Gedanke, den Laden wieder zu schließen, kam ihm nie in den Sinn. Denn so mächtig wie seine Statur auf dem einstigen Karnevalswagen "Dorfladen", so stark sind auch seine Einsatzbereitschaft und sein Idealismus für das Geschäft. Hinter ihm steht sein Verkaufsteam mit Monika Kappes und Annelie Griebler, die stolz sind auf "ihren" Chef. Die Kunden schätzen die freundliche Bedienung und den persönlichen Kontakt. Das Stehcafé am Eingang hat sich zu einer gefragten Gesprächsecke entwickelt. Im Laden gibt es mehr als die tägliche Grundversorgung. Pia Decker deckt sich und ihre Familie gerade mit frischen Backwaren ein, und auch die 65-jährige Stammkundin Elsbeth Wagner ist überaus glücklich über den Laden, den die Rachtiger bequem zu Fuß erreichen können. Schließlich hält Alli alles bereit, was das große und kleine Herz begehrt. Angefangen bei Briefmarken und Gummibärchen bis hin zu Handy- oder Telefonkarten und Fotozubehör. Ob belegte Brötchen und frische Salate, Lebensmittel, Haushaltsartikel, Kosmetik, Obst und Gemüse, Freizeit- und Sportartikel, Geschenke oder Getränke - in Gansens Dorfladen wird der Kunde fündig. Ein Paket-Shop und eine Reinigungsannahme ergänzen das Angebot. Auch unter den Moseltouristen in Rachtig und Umgebung hat Alli bereits seine Stammkunden gefunden, die ihm die Treue halten. Neben Zeitschriften und der Tageszeitung müssen auch die holländischen Urlauber auf Nachfrage nicht auf ihren "De Telegraaf" verzichten. Wichtig ist für den Inhaber des Ladens, Produkte aus der Region anbieten zu können wie etwa Traubenkernöl, Honig, Wurstwaren oder Wein. Damit ein solcher Dorfladen läuft, müsse aber auch die Dorfgemeinschaft dahinter stehen, bekräftigen Rita und Werner Pazen, die sich gerade ihren Cappuccino schmecken lassen. "Ich war anfangs sehr skeptisch", gesteht Pazen und gratuliert Gansen zu seinem Mut. "Wir sind froh, dass der Laden so gut funktioniert, denn auch wir werden älter und sind gerade dann besonders auf ein solches Angebot im Ort angewiesen", sagt die Rachtigerin. Für Gansen selbst ist es keine Frage, "weiterzumachen bis zum bitteren Ende", wie er eingesteht. Darüber freut sich nicht nur das junge Ehepaar Pazen, "denn schließlich wollen wir auch noch als Rentner hier unseren Kaffee genießen".

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