Mit der Plätsch auf Mottenfang

Traben-Trarbach · Der Heu- und Sauerwurm gehört zu den gefährlichsten Schädlingen im Weinbau und wurde einst durch den Einsatz von "Mottenfängern" an der Mosel bekämpft. Im Gegensatz zu den früheren Fangmethoden mit Klebfächern oder Lichtfallen nutzt man heute insbesondere Lockstoffe, um eine Vermehrung des Traubenwicklers zu verhindern.

 Im modernen Weinberg verhindern Lockstoffe (Pheromone) die Ausbreitung von Heu- und Sauerwürmern. TV-Foto: Markus Philipps

Im modernen Weinberg verhindern Lockstoffe (Pheromone) die Ausbreitung von Heu- und Sauerwürmern. TV-Foto: Markus Philipps

Foto: Markus Philipps (phi) ("TV-Upload Philipps"

Traben-Trarbach. Als "schlimmsten Feind des Winzers" bezeichnete man an der Mosel einst einen kleinen Schmetterling, der alleine im Jahre 1897 einen Schaden von über 30 Millionen Reichsmark in den Weinbergen der Region anrichtete. Bei dem schädlichen Insekt handelt es sich um den Heu- und Sauerwurm (siehe Extra), dessen Bekämpfung zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine besonders schwierige Aufgabe der Moselwinzer war.
Heimat- Geschichte(n)


Um durch Sauerwürmer verursachte Schäden und Ernteausfälle zu vermeiden, nutzte man um das Jahr 1900 verschiedene Hilfsmittel, wie Mottenfanglampen (Lichtfallen) oder mit Leim bestrichene Klebfächer. Mit diesen Fächern ("Motteplätschen") ausgerüstet streiften seinerzeit große Gruppen von Schulkindern als "Mottenfänger" durch die Moselweinberge und sammelten unzählige Traubenwickler ein.
So wanderten auch in der Stadt Traben-Trarbach zahlreiche Volksschüler während der Mottenfangsaison (Ende Mai bis Ende Juli) unter Pfeifen- und Trommelklängen in die Weinlagen der Jugendstilstadt (siehe Foto). Dabei wurden sie angeführt von ihrem Schuldirektor und sangen auf dem Weg traditionelle Mottenfänger-Lieder. Tatkräftige Unterstützung erhielten die jungen Fänger bei ihrer Arbeit durch Winzer, Weingutsbesitzer sowie deren Verwalter.
Vor dem Rißbacher Pütz kochte der Schmied "Weyrische Abu", Leim für die Klebfächer, in einem eisernen Topf über loderndem Feuer. Die Fächer hatten einen circa 25 mal 30 Zentimeter großen Metallrahmen mit einem feinmaschigen Drahtgeflecht. In dieses Geflecht wurden mittels einer Drahtspannfeder mehrere Papierblätter übereinander eingespannt, die jeweils mit Leim bestrichen und somit für den Fang einsatzbereit gemacht wurden. Mit den klebrigen "Plätschen" und Schlagstöcken ausgestattet zogen die Mottenfänger durch die einzelnen Rebzeilen. Dort wurden die Weinbergspfähle zunächst mit den Stöcken angeschlagen, um die Falter aufzuscheuchen. Anschließend versuchten die Fänger, die aufgeflogenen Motten mit der "Plätsch" zu erwischen. Zum Dank für einen erfolgreichen Mottenfang erhielten Kinder aus ärmeren Familien Schuhe von den Gutsbesitzern.
Um die verschiedenen Methoden zur Mottenbekämpfung weiterzuentwickeln, wurden diese in den Jahren 1899 und 1900 in Wehlen wissenschaftlich analysiert. Im Jahre 1901 veröffentlichte der Lehrer und Winzer J. P. Dienhart die Ergebnisse der Untersuchung in einer Denkschrift mit dem Titel "Wehlener Methode zur Bekämpfung des Heu- und Sauerwurms". Darin wies Dienhart insbesondere darauf hin, dass Wurmschäden nur dann effektiv verhindert werden können, wenn sich die Winzer gemeinsam an der Mottenbekämpfung beteiligen. Letztendlich ging die Ära der Mottenfänger im Laufe des 20. Jahrhunderts durch die Einführung von chemischen Spritzmitteln und der späteren Nutzung von umweltfreundlicheren Pheromonen zu Ende.
Extra

 Im Jahre 1911 ließ der Trabener Winzer Heinrich Siebener ein Foto der „Mottenfänger“ in Rißbach (Traben) anfertigen. TV-Repro: Markus Philipps

Im Jahre 1911 ließ der Trabener Winzer Heinrich Siebener ein Foto der „Mottenfänger“ in Rißbach (Traben) anfertigen. TV-Repro: Markus Philipps

Foto: Markus Philipps (phi) ("TV-Upload Philipps"

Der Heu- und Sauerwurm kommt in zwei Entwicklungsstadien als einbindiger sowie bekreuzter Traubenwickler vor. Der Heuwurm ist die erste auftretende Generation (Ende Mai - Ende Juni); der Sauerwurm bildet die zweite, später entwickelte Generation (Ende Juli - Anfang August). Man spricht vom sogenannten Sauerwurm, da die vom Schädling befallenen Beeren sauer werden und die Trauben bei feuchtem Wetter faulen. In der heutigen Zeit setzt man gegen Traubenwickler Pheromone (siehe Foto) ein, die die Fortpflanzung der Schädlinge durch eine Verwirrung der Männchen auf der Suche nach den Weibchen stören. phi

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