"Mittelfristig eine eigene Fraktion im Kreistag"

Auf Landesebene gibt es noch Knatsch um die Gründung der Linkspartei. Im Landkreis Bernkastel-Wittlich ging die Gründung des Kreisverbands vor einigen Wochen geräuschlos über die Bühne. Sie wollen mit ihrer Partei in die VG-Räte, den Gemeinderat Morbach und mittelfristig auch in den Kreistag einziehen.

Wittlich. (har) Im Gespräch mit TV-Redakteur Harald Jansen und Mitarbeiter Lukas Grob nennen Vorsitzender Bernhard Hilgers und sein Stellvertreter Klaus Münch ihre Ziele: Was sind die kommunalpolitischen Ziele der Linken?Hilgers: Wir wollen politisch Einiges bewegen. Wir wollen, um ein geflügeltes Wort von Willy Brandt zu verwenden, mehr Demokratie im Kreis wagen. Gerade auf kommunaler Ebene gehen die Planungen häufig an den Interessen der Bürger vorbei. Ein Beispiel dafür ist der Supermarkt an der Rommelsbach in Wittlich. Dieser Wegzug ohne hinreichenden Ersatz geht zu Lasten zahlreicher, auch älterer Menschen aus dieser Region Fallerweg, Sternbergstraße und Bergweilerweg bis in die Innenstadt hinein und wäre mit uns so nicht passiert. Ein zweites Beispiel sind die Planungen für die Schlossgalerie in der Oberstadt: Dort gehört als Ankermieter eher ein Lebensmittelmarkt hinein. Die Menschen brauchen hier in der Innenstadt, keine weitere Drogerie sondern eine Alternative und Ergänzung zu Krementz in der Burgstraße. Münch: Die repräsentative Demokratie hat versagt. Die vorgefasste Macht der Verwaltung erdrückt die Leute. Die Bürger sollen nicht mehr nur zu Wahlen missbraucht werden, sondern selber bestimmen dürfen. Der Bürger weiß oft gar nicht um seine Rechte. Kommunale Gebühren, Strom, Wasser, Kanal dürfen nicht so teuer sein. Wie lassen sich die Ziele der Partei auf einen Nenner bringen?Hilgers: Wir wollen durch direkte Miteinbeziehung der Bürger in politische und planerische Entscheidung wie Rommelsbach und Schlossgalerie die Demokratie stärken und gegen die Politikverdrossenheit ankämpfen. So einfach lässt sich die kommunale Ordnung nicht umkrempeln… Hilgers: Wir wollen die kommunale Ordnung demokratischer und durchsichtiger gestalten. Dabei werden wir die Realität der repräsentativen Demokratie erkennen, auch wenn wir Formen der direkten Demokratie zunehmend realisieren wollen. 2009 stehen Kommunalwahlen an. Wie werden sich die Linken daran beteiligen?Hilgers: Bis dahin wollen wir weitere Mitglieder gewinnen. Für die Wahlen wollen wir auch Bündnisse schmieden mit Gruppen und Einzelpersonen. Es wird wahrscheinlich offene Listen geben.Münch: Ich denke, dass wir in den Verbandsgemeinden Thalfang und Manderscheid sowie in der Einheitsgemeinde Morbach antreten werden.Sie haben Bündnisse mit Bürgerinitiativen angesprochen. Wie soll das aussehen? Hilgers: Wir sind offen für Menschen, die gute Gedanken haben und mitarbeiten wollen. Wir setzen uns ein, wenn wir angesprochen werden. Wie gesagt: Offene Listen bedeuten, dass auch Nichtmitglieder bei Wahlen kandidieren können. Wir laden alle interessierten Bürgerinnen und Bürger zur Mitarbeit ein.Münch: Auf keinen Fall werden wir versuchen, Bürgerinitiativen zu unterwandern. Innerhalb der früheren WASG hatte es Auseinandersetzungen gegeben zwischen dem Kreis- und dem Landesverband. Wie sind die ausgegangen?Hilgers. Wir sind uns einig im Kreisverband. Querelen soll und wird es nicht geben. Wir ziehen hier gemeinsam an einem Strang, auch wenn die Situation auf Landesebene nicht immer einfach war und ist. Die Bildung einer neuen Partei ist eben kein Kinderspiel. Münch: Wir werden auch keine Querelen zulassen. Wo sieht sich die Linke mittelfristig? Hilgers: Ziel muss es sein, auch eine Fraktion im Bernkastel-Wittlicher Kreistag zu stellen. Außerdem wollen wir später in allen Verbandsgemeinden, der Stadt Wittlich und der Einheitsgemeinde Morbach antreten. Wir denken dabei langfristig, auch über den Termin Kommunalwahlen 2009 hinaus. Außerdem wollen wir als Kreisverband auch auf Landesebene ein Wörtchen mitreden. Das wird gelingen, weil wir bereits heute zu den mitgliederstarken Kreisverbänden innerhalb der Landespartei zählen. Die Region gilt als traditionell und konservativ. Welche Zukunft hat da eine linke Partei? Münch: Wir werden versuchen, die alten Strukturen aufzubrechen, indem wir die Linke als bürgernahe basisdemokratische Kraft etablieren. Dabei werden wir sicher Lehrgeld zahlen. Aber die Linke ist eine jungfräuliche Partei. Sie hat nichts mit der verfehlten Rentenpolitik oder mit Hartz IV zu tun.Hilgers: Die Linke hat Perspektiven aufgrund der sozialen Verwerfungen, die durch Hartz IV auch im Kreis Bernkastel-Wittlich nicht zu übersehen sind. Zu uns kommen Leute, die sozial bewegt sind, die von der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung enttäuscht sind und die etwas für sich und die Menschen bewegen wollen. Denen wollen wir eine Plattform bieten, denn es sind Alternativen zur vorherrschenden Politik möglich. Zur Person Der diplomierte Sozialwissenschaftler Bernhard Hilgers ist neuer und erster Vorsitzender des Kreisverbands Bernkastel-Wittlich der Linken. Der gebürtige Wittlicher betreibt einen Transport- und Einkaufsservice. Der 52-Jährige lebte mehrere Jahre in Nordrhein-Westfalen und war bei der vergangenen Bundestagswahl bereits Direktkandidat für die WASG. Hilgers war elf Jahre lang SPD-Mitglied und trat 2003 aus. Klaus Münch (62) lebt in Malborn und ist Privatier. Der zweite und gleichberechtigte Vorsitzende der Linken im Kreis war bis zum Jahr 2000 Mitglied der SPD und ist seit 2006 bei den Linken engagiert.

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