"Mulsum, Crustulum und Pigonti"

PIESPORT. Gleich zwei Festumzüge sowie doppeltes Keltern nach Römerart und eine Schifffahrt mit Weinprobe waren die Stationen des Römischen Kelterfestes.

Nicht erst die Arbeit und dann das Vergnügen, sondern erst der Umzug und dann das Keltern hieß es am Wochenende beim 13. Römischen Kelterfest in Piesport. Denn das von den verschiedensten Kapellen begleitete Defilieren von Weinhoheiten sowie römischen Edelleuten, Soldaten und Weinbauern war ein Leichtes. Zumindest im Vergleich zu dem, was einige im Zielpunkt des Fußmarsches von Niederemmel über die Pieporter Brücke erwartete. Ein "Frondienst", der dem heutigen Betrachter leichter erscheint, als er war. Denn selbst neuzeitliche "Kelterknechte" - so die Bezeichnung von Karl-Josef Gilles vom Rheinischen Landesmuseum Trier - haben da ihre Mühe. Der "Vater" der historischen Kelteranlage aus dem vierten nachchristlichen Jahrhundert machte den Piesporter Gästen die diversen Arbeitschritte des Kelterns verständlich. Während dessen konnten die Zaungäste sich vom Mühsal der frühren Weinproduktion überzeugen. Arm in Arm miteinander verhakt hielten sich Männer und Frauen manchmal dennoch nur mühsam auf den Beinen. Was seine Ursache nicht etwa in allzu reichlichem Vorab-Weingenuss hatte. Das Schwierige war vielmehr die glitschige Folie, auf der sich die Stampfer alle Mühe gaben, die Trauben möglichst rasch zu verflüssigen. Einziger Lohn der Plackerei war die anschließende traditionelle Fußwaschung. Ein Service, den niemand geringerer als Weinkönigin Melanie I. mit ihren Prinzessinnen Andrea und Simone übernommen hatte. Für die formelle Begrüßung hatten zuvor Ortsbürgermeister Karl-Heinz Knodt und Robert Schattel als römische Gottheiten verantwortlich gezeichnet. Letzterer natürlich standesgemäß mit lateinischen Versen, die Weinhoheit Melanie übersetzte.Schmeckt wie kräftiger Traubensaft

Nach der Arbeit, taten sich Götter und Honoratioren wie das gemeine Fußvolk an dem gütlich, was Küche und Keller zu bieten hatten. Und das deckte eine breite Palette von Kartoffelsuppe und gefüllten Kartoffeln bis zu geräucherter Forelle und Rindfleisch ab. Am Stand der Gemeinde erwarteten die Besucher sogar römische Genüsse. Wie "Mulsum" - mit Honig gesüßter Wein, durch Gewürzen und Kräutern verfeinert. Oder "Crustulum", ein Gebäck aus Gewürzteig, das an Spekulatius erinnert. Außerdem gab es nur dort "Pigonti" - den Wein von Kelterungen nach römischer Art. Eine Spezialität, die aber dann doch nicht jedermanns Sache war. Eine Gruppe Wochenendurlauber aus dem Raum Hannover hatte jedenfalls nicht davon gekostet. "Wir kosten unten", hielten sich Sabine und Günter Bergmann sowie Heike und Udo Schimpowski in der Vorfreude auf ganz normale Piesporter Goldtröpfchen an der Kelter zurück. Der mit blanken Füßen gestampfte Saft war ihnen doch etwas suspekt. "Das entspricht nicht mehr heutigem Geschmack", kommentierten sie ihre Skepsis lachend. Burkhard Müller und Ehefrau Hella-Wiebke waren da deutlich mutiger. "Der schmeckt", waren sich die Kurzurlauber aus Salzgitter einig. "Ich würde sagen, wie kräftiger Traubensaft", fügte Hella-Wiebke hinzu. Und der Ehemann lobte: "Wunderbar, das ist Natur, richtige Frucht."

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