"Mund" ist ein Berg

WITTLICH. Nicht nur die Namen mancher Straßen geben den Wittlichern Rätsel auf. Auch andere Ortsbezeichnungen erschließen sich nur dem Historiker, der beispielsweise aufzeigen kann, warum der Mundwald Mundwald heißt.

Den Mundwald kennt zwar jeder Wittlicher, aber wohl die wenigsten haben sich jemals gefragt, woher dieser doch etwas eigentümlich klingende Name kommt. Immerhin bezeichnet er ein beliebtes Naherholungsgebiet unmittelbar bei Wittlich, dessen Lage schon vor rund 1750 Jahren ein betuchter Römer zu schätzen wusste, als er dort ein imposantes Herrenhaus errichten ließ. Mit 140 Meter Länge gehört diese Villa zu den größten nördlich der Alpen. Vermutlich haben ihm die mächtigen Sandsteinvorkommen die Entscheidung erleichtert, sich gerade dort, am südwestlichen Rand der Lieser zum Mundwald hin, niederzulassen. Aus diesem Sandstein wurde aber nicht nur die Römervilla erbaut, er ist vielmehr der Stoff, aus dem das spätere Wittlich entstand. An die Sandsteinbrüche im Mundwald erinnerte noch bis vor dem Ersten Weltkrieg der Straßenname "Steinbruchweg", bis er in der Sitzung der Wittlicher Stadtverordneten am 30. April 1913 in "Römerstraße" umgetauft wurde. Aber damit ist noch nichts über die Herkunft des Namens "Mundwald" gesagt. Mit dem Mund als Teil des menschlichen Gesichts hat er offensichtlich nichts gemeinsam; auch nicht mit dem Mond als möglichem Namensgeber, da gerade Flurnamen meist einen konkret benennbaren Hintergrund haben. Und der ist in unserem Fall vermutlich genauso alt wie der ehemalige Römersitz dort. In "Mund" versteckt sich nämlich das lateinische Wort mons - Berg -, das im hier gesprochenen moselromanischen Dialekt zu munt verschliffen wurde. "Mundwald" bedeutet also nichts anderes als "Bergwald". Ein Feld "an Munt" ist schon für das Jahr 1415 belegt, aber erst die Franzosen schufen mit ihrer korrekten Übersetzung die Grundlage für die heutige Schreibweise. Als mit dem Frieden von Lunéville 1801 die Länder westlich des Rheins französisches Staatsgebiet geworden waren, ordnete Napoleon noch im selben Jahr die Errichtung eines "topographischen Bureaus der vier linksrheinischen Departements" an, das eine vollständige Kartenaufnahme dieses Gebiets ausführen sollte. Mit der Leitung wurde der Astronom Jean Joseph Tranchot betraut. Das Blatt der "Mairie de Witlich" entstand 1811, und auf dieser ersten wissenschaftlich genauen Karte unserer Umgebung lesen wir "Mont Wald" als Bezeichnung des heutigen Mundwaldes. Der sprachliche Alltag hat dann das französische "mont" schnell zu "mund" verschliffen, und schon war dieser doch etwas eigentümlich klingende Name entstanden.

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