Mutige Sänger und fröhliche Feste

BURG. Es gab einmal Zeiten, da war es eine große Ehre, in einem Männergesangverein singen zu dürfen. In dem kleinen Moselort Burg bauten die Sangesbrüder Mitte der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts sogar ein eigenes Sängerheim mit großem Saal, Bühne und Kegelbahn.

Was wäre Burg ohne sein Sängerheim? Liederabende, Kappensitzungen, Hochzeitsfeiern und viele andere Festlichkeiten mehr werden in dem ehrwürdigen Gebäude gefeiert. Und an diesem Wochenende ist es Schauplatz des im ganzen Land bekannten Heimatvarietés "Saalü". Neben professionellen Kabarettisten treten auch der Bauherr des Sängerheims, der Männergesangverein "Cäcilia" Burg, und die Gesangssolisten Hansi Bucher und Marita Kasel auf.Vorbild war Sängerheim in Rachtig

Dass es dieses Haus mit dem großen Saal und Bühne, mit Kücheneinrichtung und Kegelbahn überhaupt gibt, haben die Burger ihrem Männergesangverein "Cäcilia" zu verdanken. Mutige Männer fassten Anfang der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts den Entschluss ein Sängerheim zu bauen. Vorbild war das Sängerheim in Rachtig, wo bereits zuvor ein ähnliches Projekt verwirklicht wurde. "Was die können, können wir auch", dachten die Burger Sänger. Es war auch ein bisschen die Not, die die Männer dazu bewog. Denn wegen verschiedener Schwierigkeiten mit dem Probelokal im Gasthaus "Zum Weinberg" musste man sich um eine neue Bleibe kümmern. Natürlich gab es Spannungen wegen des hohen finanziellen Risikos, erzählt Paul Knod, der wie kein anderer die Geschichte des Vereins kennt und viele Jahre den Verein als Vorsitzender führte. Anfang der 20er Jahre war Sebastian Franzen Vorsitzender der "Cäcilia". Wegen des großen Bauprojekts bekam er aber kalte Füße und legte den Vorsitz nieder. Sein Nachfolger Heinrich Bucher trieb mit umso größerer Energie den Bau voran. Die erste Mitgliederversammlung im noch nicht ganz fertigen Sängerheim konnte am 1. Januar 1925 abgehalten werden, gleichzeitig wurde die Kegelbahn eröffnet. Der Chronist schrieb damals selbstbewusst: "Was hatte denn unser Verein und unsere Gemeinde bisher für Bedeutung? Wer hat je in deutschen Landen dieses kleine idyllische Dörfchen gekannt und seinen Wein als Burger Wein getrunken? Namen- und bedeutungslos! Und heute: An Rhein, Wupper und Ruhr kennt man Burger Wein und Burger Frohsinn. Wem kommt dieses Verdienst zu? Dem Gesangverein "Cäcilia" und der eifrigen Vereinsarbeit im verflossenen Jahr." Damals gab es übrigens noch keine Fördermittel oder Zuschüsse von der öffentlichen Hand. Den finanziellen Grundstock schaffte sich der Verein mit einer Traubensammlung, die zwei Fuder Most erbrachte. Ferner musste das Ziel sein, Einnahmen zu erwirtschaften. Ende der 20er Jahre wurden große Feste gefeiert, viele auswärtige Gesangvereine besuchten Burg und ließen so manche Mark in der Kasse. Dennoch gab es Konflikte: Der Geistlichkeit missfiel das allzu fröhliche Treiben. Der Pastor befürchtete, es würde wegen der ausschweifenden Feste an der nötigen Andacht im Sonntags-Hochamt fehlen. Auch in späteren Jahren gab es öfter Meinungsverschiedenheiten mit den Pastören, die sich um die Sittlichkeit ihrer Schäfchen sorgten. 1933 bemächtigten sich die Nazis der Vereine und somit auch des Sängerheims, was zu einigen Austritten im Verein führte. Nach den Kriegswirren - auch das Sängerheim wurde durch Artilleriebeschuss stark beschädigt - ging es schnell wieder aufwärts mit dem MGV Cäcilia. Mittelpunkt aller Vereinstätigkeiten ist bis heute nach wie vor das Sängerheim. Dort wird regelmäßig geprobt, dort findet der anspruchsvolle und beliebte Liederabend im Frühling statt und dort ist jetzt am Wochenende "Saalü" zu Gast. Karten für diesen Abend gibt es im Raiffeisenlager Burg, Telefon 06541/860501.

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