Neu und klein, groß und gebraucht?

KLAUSEN. In der Wallfahrtskirche in Klausen wünscht man sich seit vielen Jahren eine Orgel, die der Würde des Gotteshauses entspricht. Ein Instrument aus Marburg könnte das Problem lösen , wirft gleichzeitig aber neue Fragen auf.

Die Zeiten sind schlecht, das Geld knapp, auch bei der Kirche - vom Bistum bis in die Pfarrgemeinden hinein. Wünschenswerte Projekte werden auf Eis gelegt. So wünscht sich seit vielen Jahren die Pfarrei der Wallfahrtskirche Klausen eine neue Orgel. Außer Frage steht, dass die derzeitige Lösung mit einem elektronischen Instrument nicht zufrieden stellend ist. Nicht nur aus ästhetischen Gründen, auch wegen der Kosten. Eine richtige, gute Orgel hat eine Lebenserwartung von mehreren hundert Jahren. Und das kann niemand von einem Computer, und nichts anderes sind diese elektronischen Nachahmer, erwarten. Im Durchschnitt muss man alle zehn Jahre damit rechnen, dass solche Geräte erneuert werden müssen.Warum will Marburg eine neue Orgel?

Eine Lösung des Klausener Problems scheint jetzt in greifbare Nähe zu rücken. Man spielt mit dem Gedanken, eine gebrauchte Orgel anzuschaffen. Es gibt durchaus einen Markt für Instrumente, die wegen Neubau oder aber, weil eine Kirche geschlossen wird, nicht mehr gebraucht werden. In der Wallfahrtskirche hat man die 1963 erbaute Orgel der Elisabethkirche in Marburg ins Auge gefasst. Ein gewaltiges Instrument, das in der Region nur noch von der Domorgel in Trier übertroffen werden würde. Gibt die zuständige Verwaltung des Bistums ihre Zustimmung könnten 55 Register das Gotteshaus mit ihrem Klang erfüllen. Die Kosten lägen bei 350 000 Euro. Gemessen an einem Preis zwischen 14 000 und 16 000 Euro pro Register bei einem Neubau ist das nahezu geschenkt. Warum jedoch wollen die Marburger eine neue Orgel bauen? Was dazu aus Marburg zu erfahren ist, macht nachdenklich: Pfarrer Ralf Hartmann wird in der Oberhessischen Presse (OP) mit den Worten zitiert: "Extrem hohe Wartungskosten sind der wichtigste Grund dafür, dass die Orgel ausgetauscht werden soll." Kirchenmusiker Jochen Kaiser führt an, dass die Technik veraltet ist und das Instrument klangliche Defizite gegenüber dem heutigen Verständnis, wie eine Orgel klingen sollte, aufweist. Zudem leidet die Orgel sehr unter der Verschmutzung, die die vielen Touristen, die die Kirche besuchen, verursachen. In den 90er Jahren wurde die Marburger Orgel noch generalüberholt, trotzdem weist sie offenbar schon wieder Mängel in der Technik auf. Fraglich ist, ob sich daran in Klausen etwas ändert. Die Verschmutzungsprobleme dürften in der Wallfahrtskirche wo im Gegensatz zur evangelischen Elisabethkirche viele Opferkerzen verbrannt werden kaum kleiner werden. Sollte man, nur um die Orgelfrage endlich zu lösen, ein Instrument anschaffen, das klangliche Defizite aufweist - zumal eine solch große Orgel nicht unerhebliche Folgekosten mit sich bringt? Eine Nachfrage des TV bei verschiedenen Orgelbaufirmen, die in der Region durch gute Instrumente von sich Reden machten, ergab eine fast eindeutige Antwort: Für 350 000 Euro könnte ein neues Instrument mit 20 bis 25 Register gebaut werden, das den räumlichen und liturgischen Ansprüchen voll und ganz genügen und auch musikalisch nur wenige Wünsche offen ließe. Natürlich gäbe es gegenüber einer Orgel mit 55 Stimmen gewisse Einschränkungen. Dafür aber wäre es ein neues Instrument, das heutigen Erwartungen entspräche.

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