Neue Pressen für den jungen Wein

BERNKASTEL-KUES/LONGUICH. (f.k.) Vor wenigen Tagen hat die Moselland e.G. Bernkastel-Kues ihre neue Kelterstation in Longuich offiziell eingeweiht (wir berichteten). Nun steht in wenigen Tagen der Praxisstart der rund zwei Millionen teuren Großanlage bevor. Sie wird die alten Sammelstellen in Schweich, Mehring und Fell ersetzen und damit zur Anlaufstelle für Genossenschaftswinzer aus dem gesamten Umkreis werden.

"Das war ein schnelles Projekt - im April haben wir mit dem Bau begonnen, und Ende September gehen wir in Betrieb", sagt Wolfgang Mertes, Technischer Leiter bei Moselland. Die Alternative zu diesem Neubau auf der "grünen Wiese" wäre eine dringend erforderliche Modernisierung der alten Kelteranlagen in Schweich, Mehring und Fell gewesen. Doch die Moselland habe sich für die zentrale Lösung entschieden. Das Ergebnis ist mehr als nur eine neue große Kelteranlage: Die gesamte Technologie wurde verändert und damit auch ein Teil der Infrastruktur, die für viele Winzer zunächst gewöhnungsbedürftig ist. Ein äußeres Zeichen dafür sind die eckigen grauen Kunststoffkisten, die im und um das neue Betriebsgebäude unübersehbar übereinander gestapelt wurden. Es sind die neuen "Normbütten", in denen die Winzer in Zukunft ihre Trauben anliefern müssen. Die grauen Kästen haben 670 Liter Inhalt, was etwa 450 Kilogramm Lesegut entspricht, und werden ähnlich wie Kaufhausware mit einem Strichcode versehen. Durch diesen Code sortieren sich die Bütten auf einem Rollenweg-System in der Halle per Computertechnik nach Rebsorte, Lage und Qualität. Nach der Anlieferung durch den Erzeuger werden sie vollautomatisch zu den Pressen befördert. Dort kann entschieden werden, ob die Trauben entrappt, gemahlen oder als Ganztraubenpressung verarbeitet werden. Der gewonnene Saft läuft ohne Hilfe von Pumpen nur durch den Falldruck in Tanks. Von dort erfolgt der Transport mit Tanklastern zur Kellerei nach Bernkastel-Kues. Dass der Saft ohne die Hilfe von Pumpen das System durchläuft, ist nach Angaben von Wolfgang Mertes der Garant für eine besonders schonende Materialbehandlung. Ziel sei die Steigerung der Qualität bei möglichst rationellen Arbeitsabläufen.Most wird schonend behandelt

Das neue Verfahren wurde zusammen mit der Fachhochschule Trier - Studiengang Lebensmitteltechnologie - und der Fachhochschule Geisenheim - Studiengang Weinbau und Oenologie - entwickelt. Ständig begleitet wurde der Bau der Anlage dabei von Christian Kranz, der das Projekt einerseits für seine Diplomarbeit nutzte, andererseits auch als "gute Seele" des Betriebs den weiteren Fortgang des Projekts im Auge behalten wird. Keltern im Jahre 2004 - das heißt Hallen mit metallisch glänzenden, haushohen Edelstahltanks, ebenso gewaltigen Presstrommeln, Rollenlaufbändern für graue Transportbütten und ein mit Computerbildschirmen gespickter Leitstand, von dem aus vier Mitarbeiter das Ganze steuern werden. Bis zu20 000 Kilogramm Trauben kann die Anlage täglich in Saft verwandeln. Das Ziel sind in diesem Herbst laut Mertes insgesamt drei Millionen Kilogramm. Wenn nun in der letzten Septemberwoche die ersten Winzer ihr Lesegut anliefern, wird sich die silbrig glänzende Maschinerie erstmals richtig in Bewegung setzen. Ihre Probeläufe hat sie aber schon bestanden. "Die Mehrzahl unserer Genossenschaftler hat die neue Anlage sehr willkommen geheißen", betont Mertes. Dafür sprechen auch der rege Besuch und die gute Stimmung bei der Einweihungsfeier. Doch aus den Winzerdörfern sind auch andere Stimmen zu hören - da und dort trauern wohl doch einige den alten Zeiten nach - mit grünen Holzbottichen statt mit grauen Normkisten aus Plastik.

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