Neues Lebensgefühl an der Hauptstraße

Bis zum Juli 2006 passierten durchschnittlich 11 786 Fahrzeuge pro Tag die enge Wehlener Ortsdurchfahrt. Mit der Fertigstellung der Umgehungsstraße hat sich Vieles zum Besseren gewendet.

 So sah es vor der Fertigstellung der Umgehungsstraße täglich in Wehlen aus. TV-Foto: Archiv/Claudia Müller

So sah es vor der Fertigstellung der Umgehungsstraße täglich in Wehlen aus. TV-Foto: Archiv/Claudia Müller

Wehlen. Im Jahr 2003 haben Annette und Otto Zirker in der Wehlener Ortsmitte ein Fachwerkhaus (Baujahr 1624) gekauft. 25-mal haben Lastwagen seither die Fassade des in die Straße ragenden Gebäudes beschädigt. "Das sind nur die Karambolagen, die wir gezählt haben", sagt Annette Zirker. Damals gab es die Umgehungsstraße noch nicht. Das aus Hessen stammende Paar kaufte das Haus, in das es sich bei einer Moseltour verliebt hatte, in der Hoffnung, dass die Umgehungsstraße schnell fertiggestellt wird. Mitte Juli 2006 war es so weit. Seither haben die Zirkers ein neues Wohn- und Lebensgefühl. Es sei schwer gewesen, den Verkehr zu ertragen, doch das Warten habe sich gelohnt, sagen beide.Agathe und Peter Jung, die schräg gegenüber wohnen, plagte der Lärm, so lange sie sich erinnern können. "Jede Woche musste ich die Fenster putzen, weil sie ganz schwarz waren. Und beim Mittagessen mussten wir das Licht anschalten, wenn ein Lastwagen vorbeifuhr", sagt Agathe Jung. Jetzt könne man wieder beruhigt über die Straße gehen und höre auch wieder Kinder. "Allerdings fahren viele Autos zu schnell", fügt sie an. Die circa 1170 Wehlener (Einwohner mit Hauptwohnsitz) sind froh, vom Verkehr entlastet zu sein: besonders von den Lastwagen, die in der engen Durchgangstraße oft für Staus sorgten.Ortsvorsteherin Gertrud Weydert erkennt eine Aufbruchstimmung im Ort. "Sechs Hausbesitzer haben bereits die Fassaden ihrer Anwesen renoviert. Einiges ist in Planung" , sagt sie. Dem Ort stehe die erste Pflanzphase ohne Umgehungsstraße bevor. Weydert rechnet damit, dass sich auch in dieser Hinsicht einiges tut. "Jetzt kann man Blumen auf den Balkon stellen. Vorher ist alles kaputtgegangen."Ortsvorsteherin hegt ehrgeizigen Plan

 Das Fachwerkhaus von Annette und Otto Zirker wurde im Laufe der Jahre von vielen Lastwagen gerammt. Jetzt kann sich das Ehepaar gemeinsam mit Ortsvorsteherin Gertrud Weydert (links) gefahrlos auf die Fahrbahn stellen. TV-Foto: Clemens Beckmann

Das Fachwerkhaus von Annette und Otto Zirker wurde im Laufe der Jahre von vielen Lastwagen gerammt. Jetzt kann sich das Ehepaar gemeinsam mit Ortsvorsteherin Gertrud Weydert (links) gefahrlos auf die Fahrbahn stellen. TV-Foto: Clemens Beckmann

Im vergangenen Jahr sei auch die Nachfrage nach Gästezimmern gestiegen. "Die Umgehungsstraße signalisiert Ruhe", sagt sie. Gleichzeitig ist Weydert froh, dass trotzdem noch ein reger PKW-Verkehr herrscht. Das freut auch die Geschäftsinhaber. Marlies Flesch (Metzgerei Friedrich) gibt zu, dass sie der neuen Situation mit etwas Angst entgegensah. "Doch der Betrieb ist gleich geblieben", erzählt sie. Im Sommer habe sie sogar einen Zuwachs durch Urlauber verspürt.In diesem Jahr sollen auch die Ortseingänge gestaltet werden. Der Ort der Sonnenuhren und der Eulen will diese Markenzeichen präsentieren.Mittelfristig hegt Gertrud Weydert einen ehrgeizigen Plan. Sie will mit einem Geschäftsstraßen-Management Betriebe und Geschäfte an die Ortsstraße locken: am besten mehrere und in einem Rutsch, damit es öffentlichkeitswirksam dargestellt werden kann. "Das ist nicht einfach", gibt sie zu. "Aber Wehlen hat tolle Möglichkeiten", fügt sie an und weist auf den Wein, das Naturschutzgebiet mit den Streuobstwiesen und die Uferpromenade hin.

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