Obdachlosen-Schicksal berührt die Menschen

NEUMAGEN-DHRON. (cb) Zwei Wochen lang war ein Obdachloser in Neumagen-Dhron unterwegs und ließ niemanden an sich heran. Dann wurde er zwangsweise einem Arzt vorgeführt, der aber nichts fand, was eine umfassende Behandlung nötig machen würde.

Menschen, die im Freien übernachten, gehören in der Region nicht zum Alltagsbild. Vielleicht hat deshalb das Schicksal eines 51-jährigen Mannes eine Reihe von Leuten in Neumagen-Dhron bewegt. Der Mann, der aus Niedersachsen stammt, hauste der Polizei zufolge seit zwei Wochen in der Gemeinde. Meist schlief er im Freien oder in Scheunen. Am Mittwochmorgen lag er unter einer Plane neben dem Zufahrtsweg zur Realschule. Polizeibeamte sprachen den Mann mehrfach an. Er lehnte jedoch jede Hilfe ab und betonte, dass er in Ruhe gelassen werden möchte. Der Sozialbehörde der Verbandsgemeinde war der Mann ebenfalls bekannt. Auch aus dieser Richtung lehnte er jede Hilfe, beispielsweise eine Unterkunft, ab. Einem Arzt untersagte er, ihn anzufassen. Bei der Polizei und beim Trierischen Volksfreund meldeten sich Leute und führten Klage darüber, dass niemand dem Mann helfe. Dafür gebe es eine moralische Verpflichtung. Der Mann - das hatte auch die Polizei festgestellt - konnte sich nur noch schleppend bewegen und hatte offensichtlich Probleme mit den Beinen. Da mittlerweile die Temperaturen sanken und dem Mann eine lebensbedrohliche Situation durch Unterkühlung drohte, entschloss sich die Polizei, gegebenenfalls Zwang anzuwenden. "Wir wollten uns bei einer Verschlimmerung der Krankheit oder gar des Todes nicht dem Vorwurf aussetzen, dem Mann nicht geholfen zu haben", erklärt Helmut Kaspar, Leiter der Polizeiinspektion Bernkastel-Kues. Der Aufforderung, in einen Streifenwagen zu steigen, kam der Obdachlose zunächst nicht nach. "Er wollte unbedingt vor Ort bleiben und lehnte jegliche ärztliche Versorgung ab", erläutert Kaspar. Daraufhin wurde der Mann in Gewahrsam genommen und zum Gesundheitsamt nach Wittlich gebracht. Eine Untersuchung durch einen Arzt habe ergeben, dass der 51-Jährige geistig voll zurechnungsfähig sei, teilt die Polizei mit. Gesundheitlich befinde er sich in einem Zustand, der keine sofortige und gegebenenfalls zwangsweise ärztliche Behandlung notwendig mache. Deshalb konnte er seiner Wege gehen. "Das ist seine freie Entscheidung", sagt Kaspar. Nicht ausgeschlossen also, dass der Mann wieder in Neumagen-Dhron auftaucht.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort