Ohne Absicht Waren gestohlen?

Bernkastel-Wittlich/Cochem · Ein 47-jähriger Mann aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich wurde vom Cochemer Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 750 Euro verurteilt, weil er vorsätzlich Werkzeuge aus einem Baumarkt in Zell gestohlen haben soll. Der Angeklagte jedoch bestreitet, dass er die Waren stehlen wollte.

Bernkastel-Wittlich/Cochem. Nervös sitzt der Kraftfahrer auf der Anklagebank im Saal 100 des Cochemer Amtsgerichts. Bei den ersten Fragen von Richter Wilfried Johann bekommt er kaum ein Wort heraus. Er schildert, wie er - verschlafen nach einer zwölfstündigen Rückreise aus dem Urlaub - gemeinsam mit seiner Frau Lebensmittel einkauft.
Später trennen sie sich auf dem Parkplatz des Einkaufszentrums. Sie will Getränke besorgen, er hat es auf die Angebote im Baumarkt abgesehen. Der 47-Jährige braucht eine Kappsäge, eine Pumpe und ein Schweißschild. Er lässt sich beraten und packt die Waren in einen Einkaufswagen. Die großen Kartons passen kaum in das Drahtgestell. Er macht sich auf den Weg zum Ausgang. Er nimmt den Weg durch das Gartencenter, viele Kunden drängen sich durch das Geschäft. An dem Tag sind zusätzliche Kassen geöffnet, doch als er dort ankommt, berät die Kassiererin eine andere Kundin. Er geht einfach durch, bleibt bei einem Kettensägenkünstler stehen und betrachtet dessen Arbeit.
"Ich kann mir das bis heute nicht erklären", sagt er vor Gericht und schüttelt mit dem Kopf. Als er versucht, die großen Kartons in seinem Auto zu verstauen, wird er von einem Ladendetektiv angesprochen. Erst jetzt will der Angeklagte bemerkt haben, dass er die Waren im Wert von knapp 600 Euro nicht bezahlt hat. Er sei zerstreut gewesen und habe das Begleichen der Rechnung vergessen. Doch diese Darstellung will Richter Johann nicht glauben.
Er folgt der Zeugenaussage des Detektivs, der beobachtet haben will, dass sich der Angeklagte mehrfach umgesehen hat, um sich zu vergewissern, dass der Diebstahl nicht aufgefallen ist. "Gelegenheit macht Diebe", sagt Wilfried Johann in seiner Urteilsbegründung und stützt sich auf die Aussage des "erfahrenen und glaubwürdigen" Detektivs. Auch die persönliche Erfahrung des Verteidigers, der selbst einmal vergessen hatte, an einer Tankstelle zu bezahlen, überzeugt den Amtsrichter nicht.
Nach der Verhandlung steht der 47-Jährige mit seiner Lebensgefährtin, einer Vollzugsbeamtin und seinem Anwalt im Flur. "Ich wollte nichts stehlen", sagt der Mann mehr zu sich selbst als zu den anderen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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