Ohne Distanz geht es nicht

TRABEN-TRARBACH. Schreinermeister in der zehnten Generation ist Ralf Cullmann aus Traben-Trarbach, dessen Vorfahren seit 1734 diesen Beruf ausübten. Das Hauptaugenmerk des 38-Jährigen liegt heute jedoch auf dem Beerdigungs-Institut, das Vater Richard als 20-Jähriger im Jahr 1949 mit seinem Großvater Wilhelm (1877 bis 1959) in der Kirchgasse gegründet hat.

Schon Ralf Cullmanns Opa Richard Wilhelm (1903 bis 1959) hatte eine Beziehung zum Bestattungswesen, er war Schreiner und Totengräber. "Der Beruf hat sich in den vergangenen 25 Jahren grundlegend geändert", weiß Ralf Cullmann. "Früher lag der Schwerpunkt auf Sargverkauf und Organisation der Beerdigung, heute sind wir Dienstleister." Und dazu gehören die Erledigung sämtlicher Formalitäten, Terminabsprachen, das Drucken von Trauerkarten, Danksagungen und vieles mehr. Der Beruf erfordert Mitgefühl, doch Mitleiden darf Cullmann nicht. "Man muss eine gewisse Distanz wahren", sagt er, räumt aber ein, dass das nicht immer möglich ist. Wenn der Vater zweier Söhne im Alter von zwölf und neun Jahren Kinder bestatten muss, bewegt auch ihn das sehr.Beratungsgespräche werden wichtiger

Richard Cullmann, seit 1952 tatkräftig unterstützt von Ehefrau Liesel, verlegte 1963 das Beerdigungs-Institut in die Bismarckstraße 69. Beim Vater machte Ralf Cullmann seine Schreinerlehre, 1991 legte er die Meisterprüfung ab. 1992 wurde er Inhaber der Schreinerei, die er in diesem Jahr verpachtet hat. "Der Beruf des Bestatters ist umfangreicher als man sich das vorstellt, und man muss in ihn hineinwachsen", sagt der junge Mann. Vater Richard war ihm da ein guter Lehrherr. Seit 1985 ist Ralf Cullmann im Beerdigungs-Institut tätig, dessen Inhaber er seit 1994 ist. Er beschäftigt zwei festangestellte und fünf Teilzeit-Kräfte und führt Beerdigungen in Traben-Trarbach und Umgebung aus. Nicht nur das Berufsbild des Bestatters hat sich gewandelt, auch der Umgang mit den Toten. Früher wurden die Verstorbenen zu Hause aufgebahrt. Mitte der 50er und 60er Jahre entstanden die Friedhofskapellen in Traben und Trarbach. Dort gibt es Kühlkammern, in denen Cullmann und seine Mitarbeiter sich auch um die "hygienische Totenversorgung" kümmern, zu der das Waschen, Ankleiden und gegebenenfalls die kosmetische Wiederherstellung gehören. Der Bestatter findet es gut, wenn die Toten ihre eigene Kleidung tragen, "und die muss nicht schwarz sein". Schmunzelnd erzählt er, dass er einen Verstorbenen auf dessen Wunsch in Jogginghose beerdigt habe. 80 Prozent aller Trauernden wollen ihre Toten noch einmal sehen, hat er festgestellt, "und ich wirke auch darauf hin". "Immer wichtiger wird heute das Vorsorge- und Beratungsgespräch", sagt Cullmann. Das mache inzwischen 30 Prozent seiner Arbeitszeit aus. Mit viel Trauer und Tränen wird der junge Mann in seinem Beruf konfrontiert, aber der Dank der Angehörigen motiviert ihn. "Die Trauer kann ich ihnen nicht abnehmen, aber alle Sorgen drumherum." Bestatter Cullmann ist im väterlichen Betrieb mit Särgen groß geworden, seinen beiden Söhnen Marius und René geht es ebenso. "Das ist für sie nichts Ungewöhnliches", sagt er. Aus Eiche, Pappel, Kiefer und Buche sind die Särge, und alle tragen sie ein Schadstoffsiegel. Ohne das dürfen sie weder der Erde noch dem Krematorium übergeben werden. Dafür darf es aber richtig bunt zugehen, ob schwarzlackiert, blau oder rot, jeder Farbwunsch für den Sarg wird erfüllt und ist erlaubt. Vielfältig und farbenfroh ist auch die Auswahl der Urnen. Sie sind aus Glas, Holz, Keramik, Marmor, Metall oder einem Granulat, das wie Stein wirkt. Holz-, Metall- und Granulaturnen sind mitsamt der Kunststoffkapsel, die die Leichenasche enthält, nach 20 Jahren verrottet. "Die nicht verrottbaren Urnen werden bei einer Neubelegung entweder tiefer im Grab oder an einem anderen Platz auf dem Friedhof beigesetzt", sagt der Bestatter.

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