Ohne Geruch geht's nicht

GORNHAUSEN. Das idyllische Bild weidender Schafe, wie es sie in Gornhausen noch gibt, hat auch seine Kehrseiten. Denn das Leben eines Schäfers ist hart, und der mit der Viehhaltung verbundene Geruch findet nicht nur Verständnis.

In Gornhausen ist das Landleben noch in Ordnung. Jedes Kind weiß, wie Kühe, Pferde oder Schafe aussehen. Was aber nicht ausschließt, dass das Verständnis für Viehhaltung auch an Grenzen stößt. So haben sich während der heißen Wochen Bürger über Geruchsbelästigung durch Schafe beschwert und dem Rat eine Unterschriftenliste vorgelegt. Laut dem Kreisveterinäramt, das sich beim neuen Schäfer umschaute, gibt es aber keinen Grund zur Beanstandung. Ortsbürgermeisterin Inge Schell sieht das nicht anders. "Wir sind halt noch landwirtschaftlich orientiert", zeigt sie Verständnis, dass sich bei der Tierhaltung Gerüche schwerlich vermeiden lassen. Und inzwischen rieche da auch nichts mehr. Für Schäfer Markus Steffen ist es nicht verwunderlich, dass es mal mehr und mal weniger riecht. "Wenn das Wetter umschlägt, dann riecht es halt", nennt er einen nicht beeinflussbaren Faktor, der auch den Gornhausenern bewusst ist. "Die Mehrheit der Bevölkerung ist froh, dass sie hier wohnt und auch froh mit den Schafen - und die Bauern sowieso", ist Steffen sicher. Denn Landwirtschaft und Schafzucht profitieren seit jeher voneinander. Bauern wissen die Tiere als Unkrautvernichter zu schätzen und deren Kot als Dünger. Die Sommerschafweide, von den Gemeinden Burgen und Gornhausen sowie Privateigentümer seit Jahrzehnten gemeinsam verpachtet, hat Steffen im April übernommen. Seither wohnt der aus Mörsdorf (Kreis Cochem-Zell) stammende Familienvater auch dort. Die Entscheidung für seinen Beruf traf der 33-jährige Tierwirt für Schaf- und Rindviehhaltung aus Überzeugung. "Das ist meine Berufung", kommentiert er den Entschluss nach fünf Jahren als Groß- und Außenhandelskaufmann mit nebenberuflicher Schafhaltung. Was er in den acht Jahren auch nie bereut habe. Und das trotz der Zerrissenheit, mit der sich ein Schäfer auseinandersetze, da seine Lebensweise ja in "fast unvereinbarem Gegensatz zur Welt des Neokapitalismus mit seiner Profitmaximierung" stehe. Seine etwa 400 Mutterschafe seien eine Größenordnung, die einer allein versorgen könne. Denn mit Klauenpflege, Impfungen und Schafschur fällt einiges an Arbeit an. Oder das Bad - "zur Parasitenprophylaxe", wie Steffen erklärt, der dafür einen Lohnunternehmer mit entsprechenden Vorrichtungen ordert. Regelrecht hektisch wird es, wenn Nachwuchs unterwegs ist. "Es kann sein, dass 15 oder 20 Lämmer an einem Tag auf die Welt kommen - rund um die Uhr." Und dann gehe es los. Denn nicht immer nehme ein Muttertier das Lamm an, oder es habe vielleicht eine Euterentzündung. All dies spielt sich sommers wie winters draußen ab. "Wie oft sind mir die Klamotten schon am Leib getrocknet", lenkt Steffen den Blick auf die raue Seite seines Berufs, die nur wenige sehen. Einen Stall hat er nur für kranke Tiere oder Lämmer, die mehr Pflege brauchen. Im Winter begibt er sich dann mit seiner Herde "auf die Walz", im Fachjargon die Transhumanz. Ein Schäfer sei auf den Wechsel der Weidegebiete angewiesen, erzählt Steffen von schneebedeckten Weideflächen oder durch Frost unbrauchbares Futter. Doch ungern zieht er nicht los: "Ab dem halben Juni krieg ich Fernweh."

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