Ohne Planungssicherheit

BERNKASTEL-WITTLICH. Seit Januar dieses Jahres bekommen junge Erwachsene die Spar-Politik des Bundes zu spüren. Wegen Geldmangels wurde die Zahl der Zivildienststellen um 20 Prozent gekürzt - auch im Kreis sorgt das für Unmut.

Sie pflegen kranke Menschen, fahren Essen aus oder helfen in Jugendherbergen: Junge Männer, die den Kriegsdienst verweigern, sind aus dem Sozial-System nicht wegzudenken. Doch die Zahl der Zivildienstleistenden wird deutlich zusammen gestrichen: "Es suchen in diesem Jahr etwa 200 000 Jugendliche eine Zivi-Stelle, aber wir haben seit der Kontingentssperre im Januar, bei der 20 Prozent der Plätze gesperrt wurden, nur noch für 100 000 einen Platz", beschreibt Hans Wax von der Bistumsstelle für Zivildienstleistende Trier das Dilemma. Simon Hassemers hatte seine Zivi-Stelle so gut wie in der Tasche - dann kam die Kürzung. "Mein Vorstellungsgespräch bei Maria Grünewald lief gut, man sagte mir, dass man mich gerne einstellen würde. Doch nach ein paar Wochen kam - trotz Zusage der Institution - ein Brief von der Bundesstelle in Köln mit der Absage. Aufgrund der Sparmaßnahmen könne man mich nicht einstellen, obwohl Bedarf bestünde", erzählt Simon. Auch Andreas Krämer aus Wittlich hatte sich beim Haus Maria Grünewald beworben: "Ich hätte gerne Zivildienst gemacht und habe mich auf die Zeit gefreut. Es ärgert einen dann schon, wenn so kurzfristig eine Absage kommt." Wie viele andere auch ist er nicht mehr bereit, bis Oktober zu warten, bis vielleicht wieder eine Stelle frei wird. "Ich gehe jetzt erst mal studieren. Den Zivildienst mache ich auch gerne nach dem Studium, aber ich kann ja jetzt nicht ewig warten, ohne Planungssicherheit", beschreibt Andreas seine nahe Zukunft. Unterbrechung eher unwahrscheinlich

Auch die Bistumsstelle in Trier rät zum Studienbeginn: "Die Lage wird sich nicht wesentlich bessern. Es werden zwar vermutlich neun Prozent des Kontingents demnächst wieder freigegeben, und im Oktober beginnt ein neues Kontingentjahr, aber es wird trotzdem wieder mehr Kriegsdienstverweigerer geben als freie Zivi-Stellen. Wer kann sollte deshalb eine Ausbildung oder ein Studium beginnen. Die Wahrscheinlichkeit, dies unterbrechen zu müssen, ist minimal", rät Hans Wax. Diesen Rat befolgt auch Christian Klauck aus Altrich: "Mein Zivi-Platz im Krankenhaus Wittlich ist weggekürzt worden. Man sagte mir, dass eventuell ab 1. Oktober wieder Plätze zur Verfügung stünden, doch am Ende warte ich bis dahin und bekomme dann wieder eine Absage." Eigentlich wollte er eine Ausbildung vor dem Studium machen, aber die Einstellungsgespräche der Unternehmen seien ja meist schon im vergangenen Herbst gelaufen, so dass es sehr schwer für ihn werde, jetzt noch eine Stelle für dieses Jahr zu finden. Die Spar-Politik beeinflusst die Lebensplanung junger Männer also wesentlich. Manchen geht dadurch viel Zeit verloren. Für die Zukunft prognostiziert Wax, dass die Einberufungszahlen von Bundeswehr und Zivildienst auf je 90 000 angeglichen werden. "Es ist einfach kein Geld da, um alle unterzubringen. Statt des normalen Zivildiensts bietet sich aber auch die Möglichkeit ein Freiwilliges Soziales Jahr oder ein Freiwilliges Ökologisches Jahr zu machen, denn diese Stellen fallen nicht unter die Sparmaßnahmen. Allerdings sind auch hier die Kapazitäten begrenzt", sagt Hans Wax. Im Zuge der neuen Einberufungskriterien der Bundeswehr ab 1. Juli wird sich auch die Zahl der Zivildienstleistenden anpassen. Was bleibt ist die Frage nach Gerechtigkeit: Manche Jugendliche müssen den Dienst für den Staat antreten - andere nicht.

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