Oma schmuggelt elf Kilo Koks

Eine scheinbare Schnäppchenreise lockt eine 64-Jährige und ihren Schwiegersohn nach Mexiko. Mit vier Koffern voll Kokain kehren sie zurück. Der Schmuggel platzt am Düsseldorfer Flughafen.

Cochem-Zell. (awa) Mit dem Flug nach Mexiko wollte sich die 64-Jährige einen Traum erfüllen: Einmal raus aus Deutschland, einmal im Leben fliegen. Da kam ein verlockendes Angebot: Vier Koffer sollte sie von Panama über Mexiko nach London bringen. Vier Koffer, aus denen Zollbeamte am Düsseldorfer Flughafen später mehr als elf Kilo reinstes Kokain holten.

Ihre exotische Fernreise hat für die ältere Dame ein bitteres Nachspiel: Das Koblenzer Landgericht verurteilt sie wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu vier Jahren und neun Monaten Haft. Ihr mitreisender Schwiegersohn (36) wandert für fünf Jahre und sechs Monate ins Gefängnis. Ein Freund der Familie weckt im Frühsommer 2008 das Fernweh der 64-Jährigen. Er kam von einer Mexikoreise zurück, schwärmte von dem Urlaub und zeigte Fotos.

Alles lief damals glatt. Für den abgelieferten Koffer gab es 5000 Euro. Flugtickets und Spesen waren umsonst. "Macht das doch auch mal", sagt er. Der Koffer sei schließlich leer gewesen, Drogen hätten da niemals drin sein können, die Kontrollen durch Zoll und Spürhunde liefen problemlos. Aber auch er schmuggelte offenbar. Rasch sind alle Befürchtungen weggewischt, rasch ist der Kontakt zu den Auftraggebern in Köln hergestellt. Mexiko lockt. Zwei Koffer soll die Angeklagte von Panama nach London bringen. Der Schwiegersohn wird sie begleiten.

Schnäppchenreise kommt den beiden nicht komisch vor



Schwiegermutter und -sohn bekommen drei Handys und Bargeld, Anfang November geht es los. Komisch kommt den beiden ihre scheinbare Schnäppchenreise nicht vor.

"Wir dachten, es geht sicher um Geld, Papiere oder vielleicht Devisen", erklärt die Cochem-Zellerin vor Gericht. Hätte sie von den Drogen gewusst, hätte sie die Koffer nie mitgenommen, beteuert sie. Per Handy haben die Frau und ihr Schwiegersohn während der Reise ständig Kontakt zu einer deutschen Mittelsperson. "Else" erkundigt sich, ob die beiden gut angekommen sind, gibt Tipps, welches Hotel in Cancun gut ist, wo man schön essen kann.

Nach wenigen Tagen weist "Else" per Mobiltelefon an, Flugtickets nach Panama zu besorgen. In Panama checken sie in einem schäbigen Hotel ein. "Es war eine Art Stundenhotel", sagt die Angeklagte dem Gericht. In dem stickigen Zimmer warten sie auf einen gewissen "Jayjay". Er soll die Koffer bringen.

Nachts um drei Uhr klopft es, "Jayjay" steht mit vier Koffern vor der Tür. Sie sind voll mit billigen Textilien, stinken nach Chemikalien, die Griffe kleben, als "hätte sie jemand mit einem Prittstift eingeschmiert". Was in den Koffern drin sei, wollen die beiden wissen. Das bräuchte sie nicht zu interessieren, antwortet "Jayjay" in gebrochenem Englisch.

Beim Durchsuchen der Koffer finden sie nichts



Die beiden Angeklagten durchsuchen die Koffer, finden nichts, sind beruhigt.

Sie räumen ihr Gepäck hinein. An den Grenzen in Panama und Mexiko läuft alles glatt. Wieder ein Anruf von "Else": Ob sie über die Grenze seien. "Ja, alles klar", entgegnen die beiden Cochem-Zeller. "Halleluja", schallt es durch die Leitung. Am Flughafen in Mexiko-City müssen die beiden 800 US-Dollar nachzahlen für das Übergewicht ihres Gepäcks.

Sie wundern sich nicht darüber. Sie sind noch nie geflogen und kennen sich nicht aus. Am Düsseldorfer Flughafen wird ein Zollbeamter auf das ungleiche Paar aufmerksam.

In doppelten Böden finden die Beamten kiloweise Kokain. Der Marktwert: mehr als eine Million Euro. Die beiden kommen glimpflich davon.

Acht bis zehn Jahre Haft hätten ihnen drohen können. Der Vorsitzende Richter Ralf Bock bleibt mit seinem Urteil von vier- und fünfeinhalb Jahren Haft deutlich darunter.

Begründung: Beide sind nicht vorbestraft, geständig und haben erfolgreich zur weiteren Aufklärung beigetragen.

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